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Archiv-Artikel

Die Babelsberger Daily Soap

FUSSBALL Die chaotischen Zustände bei Babelsberg 03 scheinen beendet. Der frühere Trainer kehrt wohl zurück, der bisherige Notvorstand wird zum Aufsichtsrat gewählt

„Der Notvorstand hat bisher bereits sehr effektiv gearbeitet“

NORDKURVEN-ANHÄNGER RENÉ KULKE

VON JENS UTHOFF

Es ist nicht gerade neu, dass der Profifußballbetrieb Stoff für große Inszenierungen bietet. Was sich aber beim Potsdamer Club Babelsberg 03 auf der Führungsebene in den vergangenen Wochen zutrug, glich einer Daily Soup: Es gab keinen regulären Vorstand mehr, keinen Aufsichtsrat, zwischenzeitlich auch keinen Trainer. Die Vereinsmitglieder waren in Grüppchen gespalten, kämpften gegeneinander – alle gegen alle.

Nach der außerordentlichen Mitgliederversammlung (MV) am Mittwochabend im Hörsaal der Uni Potsdam scheint sich das Chaos beim abstiegsgefährdeten Drittligisten zu lichten. Dietmar Demuth, bereits von 2007 bis 2012 Trainer des Vereins, wird wohl wieder in die sportliche Leitung einbezogen. Möglicherweise übernehmen der bisherige Interimstrainer Almedin Civa und Demuth den Trainerposten gemeinsam.

Ein neuer neunköpfiger Aufsichtsrat wurde gewählt. Der IT-Unternehmer Archibald Horlitz, bisheriger Notvorstand, erhielt mit 164 Stimmen den meisten Zuspruch. Es wird erwartet, dass Horlitz gemeinsam mit Götz Schulze (ebenfalls Notvorstand) nun in den offiziellen Vorstand vorrückt. 180 Mitglieder des Clubs fanden sich ein. „Für uns Fans ist die Aufsichtsratswahl das beste Zeichen“, sagt Nordkurven-Anhänger René Kulke. „Der Notvorstand hat bisher bereits sehr effektiv gearbeitet. Wir haben Hoffnung, dass der neue Vorstand die Werte und Anliegen der Fans besser repräsentiert werden.“ Die linksalternativen Anhänger des Clubs hoffen zum Großteil darauf, dass mit Demuth ein Erfolgstrainer zurückkehrt und dass langfristig größere Sponsoren gewonnen werden und so die finanzielle Abhängigkeit des Clubs von der Deutschen Kreditbank (DKB) abnimmt.

In der Trainerfrage wurde der designierte Vorstand Horwitz nicht ganz deutlich. Man freue sich, dass Demuth (der nach vorzeitiger Entlassung 2012 offiziell auch noch unter Vertrag steht) helfen wolle, aber das hieße nicht, dass er morgen auf der Bank sitzt: „Wir haben einen erfolgreichen Trainer.“ Damit war Interimstrainer Civa gemeint. Eine ehemalige Vereinsmitarbeiterin, die nicht genannt werden möchte, sagt: „Man bleibt misstrauisch gegenüber manchen Mitgliedern des Aufsichtsrats. Einige von denen haben in der Vergangenheit genau den Kurs getragen, der zu der jetzigen Lage geführt hat.“

Die Vorgeschichte der Neuwahl des Aufsichtsrats ist eine voller Intrigen: Ende Januar wählte Nulldrei mit Dieter Wiedemann bereits einen neuen Vorstandsvorsitzenden. Frank Walter von Gierke, bisheriges Vorstandsmitglied, zweifelte aufgrund von Formfehlern die Rechtmäßigkeit der Wahlen an und bekam vor dem Amtsgericht Potsdam recht. Ein Notvorstand, Horlitz und der Jura-Professor Götz Schulze, wurde eingesetzt. Sie entließen Anfang vergangener Woche den erfolglosen Coach Christian Benbennek.

All das spielte sich ab, während der Verein sportlich Probleme genug hat. Nach einem 2:1-Sieg am Dienstagabend gegen Hansa Rostock haben die Nulldreier aber immerhin einen Punkt Vorsprung auf einen Abstiegsplatz in Liga drei.

Und die Fans stehen in der Krise hinter dem Verein. Über 9.000 Zuschauer sahen das Spiel gegen Rostock – so viele waren es lange nicht. Noch sechs Spiele sind in dieser Saison zu spielen, am Samstag ist das nächste Spiel gegen Rot-Weiß Erfurt (14 Uhr). Stürzte man in die Regionalliga ab, stünde wieder eine Umstrukturierung an.