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Archiv-Artikel

„Mehrheit für Energiewende“

VORTRAG Wie weit es mit dem Umsteuern bei der Energieversorgung gediehen ist – und was fehlt

Von JHS
Gerd Rosenkranz

■ 62, Leiter Politik und Presse der Deutschen Umwelthilfe, war Redakteur für Energie und Ökologie beim Spiegel und der taz.

taz: Herr Rosenkranz, wie weit sind wir mit der Energiewende?

Gerd Rosenkranz: Im Strombereich hatten wir einen guten Start. Von 17 Atomkraftwerken sind acht abgeschaltet. Bei der Mobilität und im Gebäudebereich sind wir jedoch von positiven Ergebnissen noch weit entfernt.

Warum geht es so schleppend voran?

Zum Teil, weil die Energiewende von einer Regierung beschlossen wurde, die sich intellektuell erst seit zwei Jahren damit beschäftigt. Es gibt noch einen großen Teil der Regierung, der sie gar nicht will. Ein Vorteil ist aber, dass der Beschluss von einer konservativen Regierung kam. Jetzt gibt es niemanden mehr, der sich offen gegen den neuen Kurs stellen kann.

In der Bevölkerung gibt es aber auch Kritik…

Die öffentliche und die veröffentlichte Meinung liegen bei diesem Thema weit auseinander. In neutralen Umfragen gibt es regelmäßig eine große Mehrheit für die Energiewende. Das wird in den Medien nicht korrekt wiedergegeben.

Und wie ist der Stand in Hamburg?

Beim CO2-Ausstoß der Dienstwagen hat der Hamburger Senat am besten abgeschnitten. In Hamburg haben wir jedoch das Problem, dass Vattenfall als Hauptversorger bei Strom und Wärme die Energiewende nicht unbedingt beschleunigt. Zum Beispiel hat Vattenfall in das Kohlekraftwerk Moorburg investiert, das sich wohl nie refinanzieren wird. Nun muss es aber verteidigt werden, weil es existiert.

Und wie geht’s weiter?

Aktuell sieht es besser aus, als es die öffentliche Debatte vermuten lässt. Die ersten 25 Prozent des Stromverbrauchs auf erneuerbare Energien umzustellen, war einfach. Das wird bei den nächsten 25 Prozent allerdings nicht mehr so sein, denn da geht es tatsächlich an den Umbau des Systems.

Was muss geschehen, damit die Wende funktioniert?

Wir brauchen ein neues System, das den unbeständigen Energieverbrauch berücksichtigt. Zum Beispiel müssen Kraftwerke in Zukunft nicht auf Basis der gelieferten Kilowattstunden bezahlt werden, sondern auch dafür, dass sie bereitstehen, wenn die Sonne mal nicht scheint oder der Wind nicht weht. Vor allem aber wird die Energiewende nur dann weitergehen, wenn sie nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch ein Erfolg ist.INTERVIEW: JHS

Vortrag „Zum Zustand der Energiewende in Deutschland“: 18.30 Uhr, Klimacampus, Grindelberg 5