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Archiv-Artikel

berliner szenen Überall Liebesgefühle

Freiheit statt Kotze

Diese ewige Zweisamkeit. Pärchen überall. Nirgendwo ist man sicher vor ihnen. An keinem Ort, zu keiner Zeit, auch im neuen Jahr nicht. Pärchen jeden Alters und jeglichen Geschlechts machen die Stadt unsicher. Unsicher für Leute wie mich. Ich hasse Pärchen. Es ist ihre offensive Zweisamkeit, die mir meine Einsamkeit erst bewusst macht. Händchenhalter schlendern durch die Straßen, und wenn sie das nicht tun, dann sind sie zu Hause und vermehren sich.

Ich gehe gerne allein ins Kino. Aber als ich gestern an der Kinokasse stehe und mir eine Karte kaufe, merke ich, wie mir die schwangere Kinokartenverkäuferin einen mitleidigen Blick zuwirft. „Und wo ist der Herr Papa?“, denke ich mir und lächle.

Überall auf den Straßen oder in den Parks in Prenzlauer Berg laufen strahlende, schwangere Frauen mit viel zu gut und jung aussehenden Männern am Arm herum. Das angetaute Laub riecht nach Hundekot. Ich setze mich in ein Café, neben mir eine junge Mutter, die versucht, ihrem Freund die Babykotze von der Schulter zu wischen. Später unterhalten sich ein paar schwangere Frauen lautstark über die Mythen der Morgenübelkeit. Schlecht wäre einem den ganzen Tag, sagt die eine. Die andere beschwert sich über ihre Empfindlichkeit Gerüchen gegenüber. „Nur eine einzige Zigarette“, sagt die Erste, „und ich wäre im Himmel.“ Ich zünde mir eine Zigarette an.

Auf der anderen Straßenseite läuft ein Pärchen mit bitterer Miene, aber Händchen haltend, an einem weinenden Kind und seiner brüllenden Mutter vorbei. Ich trete meine Zigarette aus und verlasse das Café. Ich bin alleine. Ich bin frei. Die nächsten zwanzig Minuten verbringe ich damit, mir Hundekacke vom Schuh zu kratzen. MAREIKE BARMEYER