KOMMENTAR: ANNA GRAS ÜBER SCHÜLERPROTESTE : Auf Durchzug gestellt
Gut isoliert müssen die Fenster des Sitzes von Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) am Rembertiring sein. Hunderte SchülerInnen, die lautstark rufend bei scheppernder Musik vor den Türen stehen, können anscheinend nicht durchdringen. Keine Forderungen seien an sie herangetragen worden, heißt es bei der Bildungsbehörde.
Schlauer machen es die Grünen: Lobend äußert sich deren bildungspolitische Sprecherin Anja Stahmann über den „urdemokratischen“ Einsatz der SchülerInnen. Zugeständnisse macht sie allerdings nicht. Sie verweist auf eben das, was die SchülerInnen protestieren lässt: die laufende Schulreform. Mit der werde alles besser werden.
Dabei könnte es nachdenklich stimmen, wenn es schon Fünftklässler auf die Straßen zieht. Wegen Themen, die sie unmittelbar und Tag für Tag betreffen: gestresste LehrerInnen, überfüllte Klassen, zu wenig Zeit für den Unterrichtsstoff, Selektionsdruck und veraltete Lehrbücher.
Nachdenklich machen könnte auch, dass viele eben dieser SchülerInnen im nächsten Jahr mehr einsetzen können, als nur ihr Stimmorgan auf Demonstrationen. Ein Kreuz auf den Wahlzettel werden bei der Bürgerschaftswahl 2011 erstmals schon 16-Jährige machen. In ihren Schulen erfahren sie schon jetzt, wie sich Politik in ihrem Leben konkret auswirkt.