: „Wir müssen uns der Mehrheit anpassen“
Es sei gerecht, dass Muslime am Opferfest arbeiten müssen, findet Bahattin Kaya, Chef des Türkisch-Deutschen Unternehmerverbandes. Die Firmen könnten sich einen weiteren Feiertag finanziell auch gar nicht mehr leisten
taz: Herr Kaya, das Opferfest , das zweitwichtigste Fest der Muslime, fällt dieses Jahr auf den 10. Januar. Geben die türkischstämmigen Unternehmen muslimischen Mitarbeitern an diesem Tag frei?
Bahattin Kaya: In der Regel sind die türkischstämmigen Unternehmer sehr flexibel: Wenn sich ein muslimischer Mitarbeiter für das Fest freinehmen möchte, kann er das meistens auch. Da das Opferfest aber kein gesetzlicher Feiertag ist, muss er dafür Urlaub beantragen oder die Zeit nacharbeiten. Anders ist es mit dem Moscheebesuch zu Sonnenaufgang. Nach der Regel des Islam ist er für jeden männlichen Muslim Pflicht. Die meisten Unternehmer geben ihren Mitarbeitern dafür zwei bis drei Stunden frei.
Wie viele der muslimischen Mitarbeiter gehen vor der Arbeit in die Moschee?
In den türkischstämmigen Unternehmen in Berlin arbeiten rund 24.000 Muslime. Nach meiner Erfahrung kommt ungefähr die Hälfte am Opferfest später zur Arbeit, weil sie vorher zum Gottesdienst in die Moschee geht. Nur um die zehn Prozent nehmen sich den ganzen Tag frei.
Was halten Sie davon, dass die Muslime in Berlin an einem ihrer höchsten Feiertage arbeiten müssen?
Ich finde das in Ordnung. Schließlich haben sie auch an allen christlichen Feiertagen frei. Die Unternehmen können es sich einfach nicht leisten, ihren muslimischen Mitarbeitern noch einen Tag mehr freizugeben. Allerdings sollte jeder, der an diesem Tag Urlaub haben möchte, ihn auch bekommen. Da erwarte man von den Arbeitgebern die entsprechende Großzügigkeit.
Können Sie sagen, wie die deutschen Arbeitgeber mit dem Festtag umgehen?
Genau weiß ich das nicht. Da aber seit Jahrzehnten Muslime in deutschen Betrieben arbeiten, kennen die Unternehmer unsere Tradition und wissen, wie wichtig das Opferfest für uns ist. Bisher habe ich keine Beschwerden muslimischer Mitarbeiter gehört. Deshalb nehme ich an, dass auch die deutschen Firmen recht entgegenkommend sind.
Ist Religion Privatsache?
Ja. Der Glaube ist eine individuelle Haltung des Einzelnen und hat mit dem Unternehmen erst einmal nichts zu tun. Wichtig ist, wie beide Seiten damit umgehen. Die meisten Mitglieder unseres Verbands sind Mittelstands- oder kleinere Betriebe. Gerade hier hängt viel vom Betriebsklima ab. Deswegen kommt es auf gegenseitigen Respekt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an.
Was wäre aus Ihrer Sicht eine für alle gerechte Feiertagsregelung?
Theoretisch wäre es schön, wenn jede Religionsgemeinschaft an ihren Feiertagen freihätte. Praktisch ist das allerdings nicht möglich: Eine solche Regelung wäre für die Unternehmen kaum zu realisieren und würde ihr wirtschaftlich enorm schaden. Hätte ein Betrieb nur muslimische Mitarbeiter, fände ich es gut, wenn er am Tag des Opferfestes schließt. Grundsätzlich aber bin ich der Meinung, dass in einem christlichen geprägten Land wie Deutschland auch die christlichen Feiertage verbindlich sein sollten. Da müssen wir Muslime uns der Mehrheit anpassen.
Was machen Sie am Opferfest?
Ich werde morgens in die Moschee gehen und dann in meinen Betrieb. Meine beiden Töchter haben es da besser. Sie haben schulfrei.
INTERVIEW: SANDRA COURANT