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Archiv-Artikel

schaut sich in den Galerien von Berlin um

MEIKE JANSEN

Manches steht in den Sternen. So auch der Ausgang der Krise in Griechenland. Und das, obwohl die HellenInnen doch in der Vergangenheit einen guten Draht zu den Göttern gehabt haben sollen. Darauf bezieht sich in gewisser Weise auch Sven Johnen mit einer 37-teilige Serie von Sternenbildern, die er während einer Reise durch das Mutterland der Demokratie fotografierte. Allerdings, ohne höhnisch zu werden. Die Bilder des atmosphärischen Nachthimmels hat er mit Reisebericht-ähnlichen Kommentaren versehen, die zur Spurensuche einladen: „18. September 2012, 20.41 Uhr, Skouries-Stratoni / Der Wachmann schaut misstrauisch, als ich meine Kamera neben der Goldmine aufbaue. Ein Anschlag im Ort verrät: Die Mine gehört seit letztem Jahr zu 95 Prozent einem kanadischen Bergbauunternehmen. Seit einigen Monaten immer wieder Proteste der lokalen Bevölkerung. Es ist die ertragreichste Förderstätte Griechenlands. Das Land ist reich.“ Realitäten, die in der üblichen Berichterstattung nicht vorkommen, die aber Gegenwart und Geschichte wie Emotionalität und Fakten miteinander verknüpfen und nicht die Perspektiven gegeneinander ausspielen. Neben dem Griechenlandzyklus ist ein weiteres neues Werk bei Klemm’s zu sehen. Auch hier schliddern Moral und Humor gemeinsam auf glattem Untergrund. Some Engels ist eine Videoserie von sechs Castings, bei denen ein Darsteller für den trauernden Engels gesucht wird, der dessen überlieferten Nachruf auf Karl Marx halten soll. Doch trotz der Relevanz der Worte gerät das Vorsprechen eines jeden zu einer Farce, die wiederum gespickt ist mit wirtschaftlichen und politischen Koordinaten aus dem Leben der Castingteilnehmer. Was Johnen in beiden Werken herausarbeitet, ist letztendlich, dass sich gesellschaftliche Transformationen nicht von persönlichen Schicksalen und lokalen Bezügen loskoppeln lassen. (bis 1. 6., Fr.+Sa. 11–18 Uhr, Prinzessinnenstr. 29) Aestethics – Responsibility – Drones titelt das Labor im Rahmen der Migrating Art Academies, das die Weißensee Kunsthochschule und die Vilnius Academy of Arts ab heute Veranstaltet. Es sind jedoch nicht die BerlinerInnen, die langjährige akademische Forschung vorweisen. Auch Soundkünstler Derek Holzer lebt zwar in Berlin, wurde aber bereits vor Jahren erstmalig nach Litauen eingeladen, um mit alten, ehemals militärisch genutzten Parabolantennen zu arbeiten. Da der Umgang mit solch historischen Material besondere Strategien erfordert, dürfte es einige hochspannende Einblicke geben. (Kunsthalle am Hamburger Platz, 2.–7. 5., Infos: www.migaa.eu)