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Archiv-Artikel

Nordkoreas Faustpfand

Ein US-Bürger koreanischer Abstammung – da liegt es doch nahe, dass er mit seinem Besuch in Nordkorea nichts Geringeres als die kommunistische Führung in Pjöngjang stürzen wollte. So zumindest sieht es offenbar Nordkoreas Oberstes Gericht und hat den 44-jährigen Kenneth Bae wegen „feindseliger Handlungen gegen die Volksrepublik“ nun zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt. Worin diese Handlungen bestehen, blieb unklar. Angeblich soll Bae gestanden haben.

Kenneth Bae, der auf koreanisch Pae Jun-Hoe heißt, hatte Anfang November 2012 fünf europäische Touristen in die nordkoreanische Hafenstadt Rason begleiten wollen. Bae betreibt in China ein Reisebüro. Doch schon an der Grenze nahmen ihn die nordkoreanischen Behörden fest. Bei einem seiner Mitreisenden fanden sie angeblich eine Festplatte mit sensiblen Daten. Über den Inhalt der Daten schwieg sich das nordkoreanische Gericht bis heute aus. Bae soll zudem in den USA einer protestantischen Kirche angehören. Aber das trifft auf viele Koreaner außerhalb Nordkoreas zu.

Bae ist nicht der erste US-Bürger, der in Nordkorea einsitzt. Seit 2009 waren es sechs. Stets gelang es hochrangigen US-Politikern, sie persönlich aus Nordkorea herauszuholen, wobei das Regime die Besuche innenpolitisch als Erfolg verkaufen konnten. Expräsident Bill Clinton bekam im Jahr 2009 zwei Journalistinnen frei, die wegen illegalen Grenzübertritts festgenommen worden waren. 2010 reiste Expräsident Jimmy Carter nach Pjöngjang, um sich für die Freilassung der US-Bürgerin Aijalo Gomes einzusetzen. Carter ist auch in Baes Fall als Vermittler im Gespräch. Bill Richardson, früherer US-Botschafter bei der UNO, hatte sich schon im Januar erfolglos um die Freilassung bemüht.

Doch seitdem eskalierten die Spannungen. Pjöngjang unternahm einen weiteren Atomtest, der UN-Sicherheitsrat verschärfte die Sanktionen gegen Nordkorea. Inzwischen droht Pjöngjang fast täglich mit Atomangriffen auf Südkorea, Japan und die USA. Ob Bae von der Zwangsarbeit im nordkoreanischen Gulag verschont wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob sich der Konflikt auf der koreanischen Halbinsel in den kommenden Wochen entschärft. Derzeit jedoch stehen Baes Chancen schlecht. FELIX LEE