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Archiv-Artikel

„Aufstand der Alten“

BEVÖLKERUNG Der demografische Wandel führt in den Großstädten zu Konflikten zwischen alt und jung

Von JHS
Thomas Straubhaar

■ 55, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Hamburg.

taz: Herr Straubhaar, kann man nichts gegen den demografischen Wandel machen?

Thomas Straubhaar: Die geringe Geburtenhäufigkeit ließe sich sehrschnell korrigieren, wenn sich das gesellschaftliche Bewusstsein ändert und es vom Staat und der Wirtschaft ökonomische Anreize gäbe.

Trifft das auch auf Hamburg zu?

Für Hamburg erwarten wir eine Zunahme der Bevölkerung in Richtung der Zwei-Millionen-Marke. Das durchschnittliche Alter wird hier in etwa auf das jetzige Durchschnittsalter der ländlichen Bevölkerung ansteigen. Das mittlere Altersniveau der ländlichen Gegenden wird jedoch dramatisch ansteigen.

Auf dem Land merkt man den Wandel also stärker?

Ja. Wenn man von einer Alterung in Deutschland spricht, so ist vor allem das flache Land gemeint. Das sind ähnliche Effekte wie in Süditalien oder in den Schweizer Alpenregionen. Dort leben vergleichsweise viele ältere, nicht mehr erwerbstätige Menschen und kaum junge Leute.

Weil die jungen Menschen in die Stadt ziehen?

Genau. Die Urbanisierung ist ein weltweiter Trend. Überall nehmen die Einwohnerzahlen der großen Städte zu. Auch deutsche Städte wie Hamburg, München oder Köln werden weiter wachsen und Bevölkerungsmäßig gut da stehen. Für die Großstädte brechen relativ gute Zeiten an.

Wie reagiert der Senat auf den Wandel?

In Hamburg hat man noch vergleichsweise wenige Probleme, da die Bevölkerung wächst. Trotzdem geht der Senat mit Maßnahmen wie beispielsweise dem Wohnungsbau auf den Wandel ein, um für junge Familien bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Auf diese Schritte reagieren gerade ältere Wutbürger oft negativ, manchmal sogar mit Widerstand.

Haben die Politiker für diesen Widerstand Verständnis?

Ja, denn in einer Demokratie, in der das Durchschnittsalter der Wähler immer weiter ansteigt, wird es schwieriger, Entscheidungen gegen Ältere zugunsten von Jüngeren durchzusetzen.INTERVIEW: JHS

„Demographischer Wandel als kommunale Herausforderung“: 19 Uhr, Aula der Gemeinschaftsschule Reinbek, Mülenredder 30