WM 2006: BETREIBER REAGIEREN BEHUTSAMER ALS BECKENBAUER
: Fußballstadien gehören in den Warentest

Fußball ist ein Kulturgut. Die Wächter dieses hohen Gutes sitzen im Organisationskomitee (OK) der Fußball-Weltmeisterschaft. Sie tun Deutschland und der Welt Gutes. Wer die sakrosankten Gralshüter kritisiert, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Denn dann speit das Fußball-Komitee um Franz Beckenbauer Gift und Galle – Ihre Majestät ist recht schnell beleidigt.

Die Verbraucherschützer mussten bereits einen unappetitlichen Cocktail aus Vorwürfen, Vorverurteilungen und Polemik über sich ergehen lassen, als sie die Bedingungen für die Ticketvergabe in Frage stellten. Nun wird die Stiftung Warentest gerüffelt, weil sie sich erdreistet hat, auf Sicherheitsmängel in Stadien hinzuweisen. Panik im Oval ist zwar unwahrscheinlich, auszuschließen ist sie aber nicht. Deshalb ist es legitim und wichtig, dass die Stiftung Warentest sich mit solch einem Szenario beschäftigt – und schwere Mängel feststellt.

Das Organisationskomitee versucht nun, die hoch angesehene Prüfanstalt als profilierungssüchtiges und parasitäres Unternehmen darzustellen, das noch dazu schlampig in der Pressearbeit vorgegangen sei: Das deutsche Stadion ist sicher – basta. Wer diese Tatsache in Frage stellt, ist ein Nörgler und Querulant, als ob es nie eine Eissporthalle in Bad Reichenhall, einen Flughafen in Düsseldorf oder einen Alpentunnel in der Schweiz gegeben hätte.

Dass die zwölf WM-Arenen zum Großteil mit Steuergeldern finanziert wurden, ist für das OK selbstverständlich. Nicht nur das: Die Allgemeinheit hat für das hohe Gut Fußball zu zahlen – und zu schweigen. Wer sich dennoch mit berechtigten Einwänden an die Gralshüter wendet, wird abgewatscht. Glücklicherweise lassen sich die Warentester davon nicht beeindrucken. Einsichtig hingegen zeigt sich zumindest manch ein Stadionbetreiber. Während die Verantwortlichen in Berlin im alten Stil meckern, das WM-Motto laute nicht: „die Welt zu Gast bei der Stiftung Warentest“, reagiert der Testverlierer Leipzig moderat auf die Kritik am Zentralstadion. Knapp fünf Monate bleiben noch, die Mängelliste abzuarbeiten. MARKUS VÖLKER