: Staatsrat muss ausziehen
Der Vermieter und Bremensien-Verleger Temmen setzte sich mit einer Räumungsklage durch: Staatsrat Hoffmann und seine Lebensgefährtin müssen bis zum 30.4. umziehen
Bremen taz ■ Für die Amtsrichterin Gabriele Horn war es ein normaler „Verkündigungstermin“ in einer „gewöhnlichen Mietsache“. Das bedeutet: Die streitenden Parteien kommen gar nicht, in den Akten wird vermerkt, das Urteil sei verkündet worden, die Akte wird geschlossen. Drei solcher Verkündigungen standen gleichzeitig um 9 Uhr vorgestern auf dem Laufzettel, schon um 9.05 Uhr dann die erste „richtige“ Verhandlung. Nur wenn jemand – zum Beispiel ein neugieriger Journalist – darauf besteht, muss der Tenor des Urteils vorgelesen werden. Und so musste sie vorlesen: Im Verfahren Temmen gegen L./Hoffmann wurde im Namen des Volkes geurteilt, dass die Beklagten L./Hoffmann die 5-Zimmer-Wohnung in der Hohenlohestraße räumen müssen, und zwar bis zum 30.4.2006. Dem Vermieter stünde nach Paragraf 573a ein „erleichtertes Kündigungsrecht“ zu, wenn er selbst in dem betreffenden Haus wohnt. Punkt, Ende.
Pikant ist der gewöhnliche Mietstreit, weil es sich auf beiden Seiten um bremensien handelt. Vermieter ist der Verleger Horst Temmen, der seit Jahren immer wieder im Auftrage oder mit Abnahme-Garantie des Rathauses Bücher verlegt. Vor zwei Jahren organisierte Temmen auch die handbemalten „Roland“-Figuren, die seit dem Roland-Jubiläum in Bremen angeboten werden. Und bei „Hoffmann“ handelt es sich um den langjährigen Chef der Senatskanzlei Reinhard Hoffmann, der kürzlich in Ruhestand gegangen ist. Verleger Temmen hatte mit Hoffmann immer wieder ohne Probleme über geschäftlichen Dinge verhandelt, Vermieter-Streit hatte er mit dessen Lebensgefährtin Birgit L.. Denn die ist offiziell Mieterin der 5-Zimmer-Wohnung. Staatsrat Hoffmann ist dort Zweitwohnsitzsteuer-schonend gar nicht gemeldet, wohnt aber de facto dort. In den mündlichen Verfahren hatte der Verleger „zum Beweise“ dieser Tatsache die Vernehmung des Fahrers von Hoffmann angeregt, der den Staatsrat täglich gegen sieben Uhr morgens in der Hohenlohestraße abholte. Die Richterin verzichtete darauf – und unterstellt in ihrem Urteil schlicht, dass auch der Staatsrat ausziehen muss, wenn die offizielle Mieterin L. die Räumungsklage verliert. Pikant ist der Mietstreit auch, weil Birgit L. von Beruf Richterin war, also wie der Jura-Professor Hoffmann den Paragrafen „573a Erleichterte Kündigung“ kennen dürfte.
Über Monate hat das Gericht eine gütliche Einigung der völlig zerstrittenen Parteien gesucht – vergebens. Im Kern ging es ums Geld – die Mieterin wollte seit Jahren zum Beispiel Heizkosten-Erhöhungen nicht anerkennen. Der Vermieter Temmen hatte vor Gericht zu Protokoll gegeben, er könnte großes Verständnis für einen Streit um ein paar Euro aufbringen, wenn es sich um Sozialhilfeempfänger handeln würde. Aber bei dem gehobenen Einkommen seiner Mieter – L. ist selbst zudem selbst Immobilienbesitzerin – weigere er sich, auf die ihm zustehende Summe zu verzichten. Kawe