neues aus neuseeland: mein erster spray tan von Anke Richter
:

Am 6. Januar bekam ich meine erste Selbstbräuner-Dusche und vier Tüten Lakritze, was leider gar nicht zusammenpasste. Schuld war Busenfreundin Sharley, die mich überredet hatte, uns gemeinsam einen „spray tan“ verpassen zu lassen. Ihr Freund sollte uns fahren. „Wenn du bremst, verwischt die Farbe am Bein und du hast nachher Streifen. Wir dürfen uns nicht schminken oder eincremen und müssen danach praktisch stundenlang nackt rumstehen, ohne uns zu bewegen.“ Das leuchtete ein. Auf keinen Fall wollten wir barfuß und ohne BH durch die Innenstadt zum Auto traben.

Sharley kam zuerst dran. Nach zehn Minuten tapste sie im Schönheitssalon aus einer Metallkabine, dann verschwand ich darin. Ich zog mich aus. Den G-String aus Papier ignorierte ich, was ein Fehler war. Das Einsprühen kitzelte. Es wurde besonders prekär, als die Selbstbräuner-Assistentin auf dem Boden hockte und mich bat, die Beine zu spreizen, um gezielt das untere Zonenrandgebiet der Bikini-Zone zu bearbeiten. Genauer gesagt hing sie fast im Todesstreifen. Das hatte die Arme nun davon, dass ihr Chef die Sonnenbänke rausgeschmissen hatte. Ich überlegte mir, wie wohl ihre Berufsbezeichnung lautete, wahrscheinlich „tanning consultant“, also Bräunungsberaterin.

Als das Teufelszeug getrocknet war, streifte ich mir ein tristes Hängerkleid über, das auch schon als Umstandskleid fungiert hatte. Mit Unterwäsche und Schuhen in der Hand verließ ich die Lackierwerkstatt. Sharley grinste verschwörerisch. Wir staksten zur Tür hinaus, breitbeinig wie nach einer Mehrlingsgeburt, damit die Schenkel sich nicht berührten. Meine Haut klebte und roch seltsam und meine Füße sahen aus, als hätte jemand eine Tasse Kaffee darauf verschüttet. „Du musst heute Nacht einen Pyjama tragen, damit deine Hände nicht den Körper berühren“, riet mir Sharley. „Verfärbungen an den Ellenbogen rubbeln wir mit Zitrone weg“, warf ich fachmännisch ein.

Die Mission war noch lange nicht beendet. Erst nach zehn Stunden zeigt sich das Resultat. Zu Hause wurde zur Feier eine Flasche Sekt geköpft. Auch wenn zu dem Zeitpunkt noch das Gegenteil der Fall war: Ab morgen früh würden wir fantastisch aussehen. „Vorher darfst du auf keinen Fall duschen!“, predigte Sharley, halb nackt wie ich und halb nüchtern. Sie machte das alles schon zum dritten Mal durch.

Plötzlich klopfte es an der Tür. Deutsche Stimmen. Sharley führte die wildfremden Besucher in die Küche. Da dämmerte es mir: Harry samt Familie aus München – der einzige Leser, der sich den Aufruf kürzlich an dieser Stelle zu Herzen genommen hatte und mir persönlich im Urlaub die schmerzlich vermisste Lakritze vorbeibrachte. Während die Tüten auf den Tisch purzelten und Harry seine Lieben vorstellte, verschwand ich kurz, um mir etwas überzuwerfen und den schockierenden Anblick der Wahrheit-Autorin zu mildern.

Sharley erklärte derweil kichernd unseren Zustand: „We just had a spray tan!“ Es verstand wohl niemand. Wir boten Harry ein Gläschen an, was das Mindeste war angesichts der rund um Neuseeland kutschierten Süßwaren. Gern hätte ich ihn vor Dankbarkeit gedrückt, aber meine Arme klebten furchtbar, und ich trug ja nicht mal einen BH.