: Lernen statt schuften
SOLIDARITÄT Dank Spenden von taz-Lesern kann die elfjährige Juliette in Uganda weiter zur Schule gehen
Juliette ist sehr aufgeregt, noch vor Sonnenaufgang ist sie auf den Beinen. Sie schlüpft in ihre neue Schulkleidung, und ohne zu frühstücken läuft sie los. Heute beginnt in Uganda das neue Schuljahr, und für die elfjährige Juliette Nabaale ist es der erste Tag in ihrer neuen Schule – dank spendenbereiter taz-Leser.
Das Mädchen hatte noch im Dezember befürchtet, nie wieder zur Schule gehen zu können. Ihr Vater ist Mechaniker und hatte einen Unfall. Seitdem verdient er nicht mehr genug, um seinen über 20 Kindern die Schulgebühren zu bezahlen. Juliette musste deswegen arbeiten. Jeden Tag nach dem Unterricht schuftete sie bei ihrem Nachbarn: Sie kochte Abendessen, wusch seine Kleidung, putzte das Haus. Doch das Geld reichte nicht. Am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien hätte sie fast kein Zeugnis bekommen, weil sie noch immer nicht vollständig ihre Gebühren bezahlt hatte.
Doch dann meldeten sich hilfsbereite taz-Leser auf Juliettes Artikel „Ich habe einen Traum“ (taz vom 14. Dezember). Fünf Leser boten an, ihr zu helfen – darunter zwei Mädchen aus der sechsten Klasse der Gesamtschule Hollfeld. Sie spendeten zusammen 480 Euro, eine Menge Geld für ugandische Verhältnisse. Juliette war überglücklich. Mit einem Teil des Geldes konnte sie ihre noch ausstehenden Gebühren für das vergangene Schuljahr bezahlen – plus die Schulden ihrer vier Brüder, die dieselbe Schule besuchen. Juliette bekam ihr Zeugnis und hatte sehr gute Noten. Und: Das gespendete Geld reicht nun aus, um sie in diesem Schuljahr auf eine näher gelegene Schule zu schicken.
Die Ferien verbrachte Juliette mit ihren Geschwistern und Nachbarn spielend im Hof: „Es sind die ersten Ferien in meinem Leben, in denen ich nicht arbeiten muss“, sagt sie strahlend.
Sechs Wochen später kann es Juliette kaum erwarten, in die Schule zu laufen. Sie besucht nun die 5. Klasse der „Teletubbies“-Grundschule, nur sieben Minuten zu Fuß von ihrer Hütte entfernt. Zuvor musste sie jeden Morgen eine Stunde zu Fuß marschieren.
Sie schwärmt von den besseren Bedingungen: Im Klassenzimmer gibt es ausreichend Stühle und Bänke. Zum ersten Mal hat sie genug Mittagessen erhalten, so dass sie am Nachmittag nicht hungrig ist. Der Lehrer verteilt sauberes Trinkwasser in den Pausen. Nun wird ihr in der Mittagshitze nicht mehr schwindelig. Und als sie am Spätnachmittag nach Hause kommt, ist es noch hell genug, um ihre Hausaufgaben zu machen. „Es ist der beste Tag in meinem Leben“, strahlt sie. SIMONE SCHLINDWEIN