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Gesundheitsreform verzweifelt gesucht

Union und SPD wissen immer noch nicht, wie ihre konträren Vorstellungen eine Gesundheitsreform ergeben sollen

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung hat auf ihrer Klausurtagung das Thema Gesundheitsreform weitgehend ignoriert – doch SPD Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ficht das nicht an. Das Vorgehen des Ministeriums sei klar, sagte gestern Schmidts Sprecher, Klaus Vater. „Die Ministerin wird im ersten Quartal ein tragfähiges und zukunftstaugliches Konzept vorlegen, das die vernünftigen Teile aus den Vorstellungen beider Koalitionspartner zusammenfügt“, sagte Vater der taz. „Danach wird es in der Koalitionsspitze beraten.“

Die Botschaft dieser Aussagen: Die dringend notwendige Gesundheitsreform ist auf dem Weg – und die Ministerin darf mitmachen. Beides konnte man zuletzt bezweifeln.

Nach der Kabinettsklausur hat Kanzlerin Angela Merkel allerdings erstmals angedeutet, dass es vielleicht gar nicht zu einer umfassenden Reform der Finanzstruktur im Gesundheitswesen kommen wird: „Ich weiß nicht, ob man das alles schon in dieser Legislaturperiode macht.“ Zumindest eine Teilreform solle 2007 in Kraft treten.

Die Verantwortlichen sollen laut Merkel in den kommenden Wochen benannt werden. Wer das neben Schmidt sein könnte, dazu wollte sich auch ihr Sprecher nicht äußern. Doch auch der Gesundheitsministerin dürfte klar sein, dass die Grundzüge der Reform nicht die Fach-, sondern die Chefebene entscheidet.

Immerhin scheint inzwischen auch außerhalb des Gesundheitsministeriums klar zu sein, dass Schmidt nicht übergangen wird – auch wenn es in der Union Widerstände gegen ihre Beteiligung gibt. Sie hat den Koalitionspartner mit ihren Vorstößen zu Ärztehonoraren und zum Arzneimittelsparpaket verärgert, zudem fürchtet man ihre Detailkenntnis. Aber die SPD besteht auf ihrer Expertin. „Schmidt muss mit“, verlangt SPD-Generalsekretär Hubertus Heil.

Die Koalitionspartner werden es schwer haben, die Bürgerversicherung der SPD und die Kopfpauschale der Union zusammenzubringen. Ein Mittelweg sollte die „Bürgerpauschale“, die der Sachverständigenrat vorgeschlagen hat. Sie sieht eine Versicherungspflicht für alle bei einer einheitlichen Prämie vor. Deren Höhe ist vom Arbeitseinkommen entkoppelt. Dagegen haben aber Politiker beider Parteien Vorbehalte.

Wahrscheinlich ist deshalb tatsächlich, dass es nicht zum großen Wurf, sondern zu Teilreformen kommt. Eine davon könnte sein, dass die Gesundheitsversorgung der Kinder aus Steuermitteln finanziert wird. Dafür haben sich inzwischen zahlreiche Politiker von SPD und Union ausgesprochen, zuletzt die Kanzlerin. Das Problem: 14 Milliarden Euro werden dafür gebraucht, die Finanzpolitiker haben bereits abgewunken. Sie hatten in den Koalitionsverhandlungen das Gegenteil durchgesetzt: die Streichung von Zuschüssen an die Kassen.

Darüber hinaus will die Union Kassenbeiträge und Löhne entkoppeln. Der Arbeitgeberbeitrag soll eingefroren werden, künftige Beitragssteigerungen müssten die Versicherten alleine tragen. Die SPD dagegen will die Grenzen zwischen Privatversicherung und gesetzlichen Krankenkassen aufweichen und mehr Besserverdiener in die gesetzliche Kassen lotsen. SABINE AM ORDE

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