kurzkritik: figure 8 race in der Schwankhalle
: Temporausch und Genickbruch

Mit Vollgas über die brüchige Eiskruste des Baikalsees, das Auto die Anden hochgeschleppt, die gebeutelten Reifen mit Tierhautfetzen geflickt. Clärenore Stinnes, Rennfahrerin und Industriellentochter, hat als Erste die Welt mit dem Auto umrundet: 1927. Die Künstlerin Maren Strack schaltet ein paar Gänge herunter. Ihre Performance über Rennen und Crashs, Temporäusche und Genickbrüche hat es nicht eilig.

Von den zwei Jahren, die Clärenore Stinnes auf Weltreise verbrachte, verging insgesamt eines mit Reparieren, Warten, Abgeschlepptwerden, hat die Künstlerin herausgefunden. Verknotet in einen überdimensionalen Reifen, rollt sie auf die Bühne: zögerlich quietschend, schlingernd, in den Bühnenecken kauernd. Ein betulicher Schulfunksprecher erklärt aus dem Off die Geschichte des Gummi. Videobilder, Tanz, Fahnenschwingen – alles ist ein unentwirrbarer Bezugsknoten: Fahnen als Warnsignale beim Rennen, geschwungen in Form der liegenden Acht, Symbol der Unendlichkeit, Form der Rennbahn, Crash, wenn sich Fahrer im Hals der Acht begegnen... Stopp, aufhören!

Dazwischen erzählt Maren Strack Geschichten, bei denen sich die Nackenhaare sträuben: Von einer Tribüne auf einer Waldlichtung, von der aus die Menge verfolgt, wie Stuntmen den Tod von James Dean nachstellen. Vom weißen Schal der Isadora Duncan, der sich beim Fahren in den Speichen des Bugatti verfing und ihr den Hals brach. Ein postmodernes Gruselkabinett, eine gut verdauliche Tanzperformance zu Fiesta- und Tillergirl-Rhythmen und ein unsentimentales Stück Heldinnenmythos. Annedore Beelte

Sonntag, 20 Uhr, in der Schwankhalle