Bürger kämpfen für Bagatelle

taz-Serie Bürgerbegehren (Teil 3): Das Kulturzentrum Centre Bagatelle in Reinickendorf ist vorerst gerettet. BürgerInnen haben Schließungspläne abgewehrt – durch Drohung mit Bürgerbegehren

von CIGDEM AKYOL

Ein weißer Bretterzaun umgibt die alte Villa in der Zeltinger Straße, von deren Wänden die Farbe abblättert. Das Centre Bagatelle hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Es war eines der Häuser, die 1946 von der französischen Besatzung beschlagnahmt wurden. Zunächst ein Haus für französische Offiziere, wurde es in den 50ern zu einem Kulturzentrum. Seitdem werden dort Tanzabende veranstaltet, Ausstellungen inszeniert oder Sprachkurse abgehalten. Es sieht so aus, als ginge es für die Villa bewegt weiter.

Der Bezirk Reinickendorf will das Kulturzentrum aus Geldnot schließen, seit Oktober vergangenen Jahres kämpft ein Verein für den Erhalt – und hatte mit einem Bürgerbegehren gedroht. Doch von vorn: Nach Abzug der Franzosen ging das Haus 1993 in deutschen Besitz über. Hausherr ist heute das Bezirksamt Reinickendorf. Angesichts leerer Kassen soll das Haus, das als Symbol deutsch-französischer Freundschaft gilt, nun verkauft werden. Der Grund: Der jährliche Betrieb des Centre kostet rund 50.000 Euro, ganze 400.000 muss der Bezirk im Kulturbereich sparen.

So einigten sich Reinickendorfs Kommunalpolitiker im September 2004, die Villa an den Berliner Liegenschaftsfonds zu überschreiben – und stießen auf den Widerstand der BürgerInnen. „Das wäre das Ende vom Centre Bagatelle“, prophezeit Julia Hauszner, stellvertretende Vorsitzende des Vereins Centre Bagatelle. Als der Beschluss öffentlich wurde, organisierten sich die Schließungsgegner. Aus 13 Gründungsmitgliedern, darunter der Kulturverein Frohnau und mehrere deutsch-französische Kulturinstitutionen, sind inzwischen mehr als 410 Mitglieder geworden.

Die Initiative drohte mit einem Bürgerbegehren, um die Begegnungsstätte zu erhalten. Und das ist ihr vorerst auch gelungen. Die Drohung reichte aus, um die Übergabe des Grundstücks an den landeseigenen Immobilienfonds für ein Jahr auszusetzen.

Engagierte Widerständler

Zumindest dachten die engagierten Widerständler das. „Das Bürgerbegehren hat mit unserer Entscheidung nichts zu tun“, sagt Kulturstadtrat Thomas Gaudszun von der SPD. Die immensen Bemühungen der Bürger seien es gewesen, die zu der Übergangslösung geführt hätten. „Die Aussicht, dass der Verein ein tragendes Finanzkonzept auf die Beine stellt, reichte aus“, sagt Gaudszun. Seitdem sucht der Verein Centre Bagatelle nach Möglichkeiten, den dauerhaften Betrieb des Treffpunkts zu sichern.

Ziel des Vereins ist es, das Haus zu kaufen. Doch für die Mitglieder ist auch der vorläufige Erhalt des Hauses ein Erfolg, auch wenn der Bezirk eine Übertragung bisher ablehnt. Das Konzept lasse nicht erkennen, dass eine dauerhafte Finanzierung gesichert sei, argumentiert das Bezirksamt.

Der Unterhalt des Centre wird in diesem Jahr aus Mitteln der Stiftung für deutsch-französische Freundschaft finanziert. Der Verein bietet an, den Unterhalt aus eigenen Geldern zu übernehmen – doch selbst dann könnte der Bezirk das Haus nicht behalten. Denn die Kosten für den Erhalt zieht der Finanzsenator dem Bezirk von seinem Budget ab. Die Begründung: Wenn der Bezirk einen anderen Eigentümer fände, müsste der schließlich Geld in das Haus stecken.

Der Verein verweist auf Spender, die sich bereits gemeldet hätten – Namen könnten aber noch nicht genannt werden. Das kulturelle Programm soll unter anderem durch den Einzug eines Kindergartens finanziert werden; dies würde 30.000 Euro Mieteinnahmen jährlich garantieren. Aber diese Pläne stehen bisher nur auf dem Papier.