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Antibiotika jetzt auch in Salat und Weizen

Wissenschaftler weisen das Medikament erstmals in Pflanzen nach. Krankenbehandlung schwieriger

BERLIN taz ■ Pech für Vegetarier: Zum ersten Mal spürten Wissenschaftler der Uni Paderborn Antibiotika auch in Salat und Weizen nach. „Zwar wissen wir noch nicht, wie stark Brot belastet ist“, sagt der zuständige Professor, Manfred Grote, der taz. „Antibiotika gelangen aber auf jeden Fall ins Getreide und ins Gemüse.“

„Das ist eine Sauerei“, empört sich Franz Daschner, Professor am Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene in Freiburg. Das Problem: Antibiotika sollen eigentlich die Erreger von lebensgefährlichen Infektionen unschädlich machen. Werden sie aber mit dem Essen aufgenommen, gewöhnen sich die Keime an die Arznei – und werden immun. Daschner: „Die Medizin wirkt nicht mehr, wenn jemand krank ist.“ Schon lange ist erwiesen, dass Fleisch Antibiotika enthält, weil Schweine und Puten diese Medikamente verabreicht bekommen.

Jedes Jahr werden europaweit in der Tier- und der Humanmedizin zusammen bis zu 4.000 Tonnen der Arznei verschrieben. Wie der Mensch scheiden aber auch die Tiere bis zu 90 Prozent der Pillen, die sie schlucken, wieder aus. So wandert das Antbiotikum mit der Gülle aufs Feld. Und dann? Mit dieser Frage hatte sich bisher niemand beschäftigt.

Professor Grote und seine Mitarbeiter untersuchten erstmals den Weg von Medikamenten, die von Schweinen gefuttert werden. Darunter Chlortetracyclin, das Tierärzte gegen Husten verschreiben. Dem Vieh bekommt die Klimatisierung des Stalls oft nicht. Die Wissenschaftler behandelten sechs Schweine nach üblichem Rezept. Mit der Gülle, die zunächst acht Monate lang lagerte, düngten die Experten auf ihren Versuchsfeldern Weizen und Salat. Das war im Frühjahr 2005. In den folgenden Monaten nahmen die Experten mehrfach Proben.

Die Paderborner fanden die Medikamente im Weizen und im Salat wieder. Im reifen Korn wiesen sie beispielsweise 0,05 Milligramm Antibiotikum pro Kilo Getreide nach. Damit liegt die Konzentration der Arznei zwar unter den Höchstwerten, die für Fleisch aufgestellt wurden. Die Experten sind aber trotzdem alarmiert.

Wie sieht die Belastung bei Kohl, Mais, Möhren oder Zwiebeln aus? Jochen Heimberg vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sagte der taz: „Künftig sollten pflanzliche Lebensmittel auf Antibiotika-Rückstände untersucht werden.“ Noch fehlten aber die Standards. „Der Verbrauch von Antibiotika im Stall muss eingedämmt werden“, fordert derweil Thorsten Wiegers vom Bundesinstitut für Risikobewertung.

Lange Zeit haben Bauern das Medikament einfach in den Trog gekippt. Denn die Arznei macht nicht nur gesund, sie hilft Tieren auch, das Futter besser zu verwerten. Und das beschleunigt die Mast. Erst seit diesem Januar ist diese Praxis EU-weit verboten. Jetzt dürfen Antibiotika nur noch eingesetzt werden, wenn das Vieh krank ist. Allein: Oft wird die gesamte Herde behandelt, sobald nur ein Tier hustet. „Tierärzte müssen weniger verschreiben“, rät BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning.

Auch die Hausärzte könnten sorgfältiger mit der Arznei umgehen, sagt Rolf Hömke vom Verband forschender Arzneimittelhersteller. Erstens schlucken zu viele Patienten bei einem banalen Husten Antibiotika, um schnell wieder fit zu werden. Und, zweitens, nehmen viele die Tabletten nicht so lange wie im Rezept vorgesehen. Hömke: „So kommen erst recht die härtesten Bakterien durch.“ Auch mit neuen, effektiveren Medikamenten ist nicht zu rechnen. Die Entwicklung von Antibiotika dauert bis zu zwölf Jahre. Die Gegenseite ist schneller: Eine Bakterie kann innerhalb eines halben Jahres immun werden. Experte Daschner: „Letztlich gewinnt die Mikrobe.“ HANNA GERSMANN

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