: „Ein ernstes Risiko“
Union macht Stimmung für eine Ministererlaubnis für Springer. Opposition befürchtet Einknicken der SPD
Noch hat Springer keinen Antrag auf Ministererlaubnis für den Kauf der Fernsehgruppe ProSiebenSat.1 gestellt. Doch der Umstand, wie schnell Vorstandschef Mathias Döpfner sein Angebot, ProSieben aus dem Senderverbund herauszulösen, zurückgenommen hat und damit die letzte Chance auf Genehmigung des Deals durch das Kartellamt ungenutzt ließ, nährt Gerüchte: Kann sich Springer den Rückzieher erlauben, weil Bundeswirtschaftsminister Michael Glos bereits informell die Sondererlaubnis in Aussicht gestellt hat?
Ein Indiz dafür wäre die Gelassenheit von Eberhard Sinner, dem Chef der Bayrischen Staatskanzlei. Der verkündete gestern in der FAZ: „Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Position (die Erteilung einer Ministererlaubnis, Anm. d. Red) auch in der Koalition mit der SPD mehrheitsfähig machen können.“ Noch haben sich keine weiteren Unionspolitiker zu einer möglichen Ministererlaubnis geäußert. Sowohl Unions-Medienexperte Wolfgang Börnsen als auch der für Kultur und Medien zuständige Staatssekretär Bernd Neumann lehnten es ab, Stellung zu nehmen, solange weder das Kartellamt entschieden noch Springer einen Antrag gestellt habe.
Und ganz geschlossen ist die Union in Sachen Springer auch nicht. Besonders Neumann gilt als Gegner einer Ministererlaubnis. Trotzdem rechnet die Opposition damit, dass CDU und CSU letztlich für eine Sondergenehmigung der umstrittenen Übernahme stimmen werden – und verlagert deshalb ihr Augenmerk auf die SPD. Von dort kommen nämlich seit geraumer Zeit Signale, dass man der Fusion trotz der schwerwiegenden Bedenken von Kartellamt und der Konzentrationskontrolle KEK nicht generell ablehnend gegenüberstünde.
Entsprechend äußerte sich gestern auch SPD-Medienexpertin Monika Griefahn. Einerseits zweifelte sie an, dass Glos die für eine Ministererlaubnis zwingenden Argumente finden würde. Er müsste die „gesamtwirtschaftlichen Vorteile“ oder ein „überragendes Interesse der Allgemeinheit“ an der Übernahme nachweisen. Andererseits sagte Griefahn: „Sicherlich gibt es Konstellationen, die eine Übernahme möglich machen.“ Als eine solche mögliche „Konstellation“ gilt eine Ministererlaubnis verbunden mit der Auflage, ProSieben doch noch zu verkaufen – wozu Springer ja schon vorübergehend bereit war. Mehr als gut möglich also, dass es mit Hilfe der SPD doch noch zu Springer-TV kommt.
Als „beängstigend“ wertet deshalb die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Grietje Bettin, die Äußerungen von Griefahn. „Alle Statements von Union und SPD deuten darauf hin, dass sich Springer gute Chancen auf eine Ministererlaubnis ausrechnen kann“, sagte Bettin der taz. Der FDP-Politiker Hans-Joachim Otto, Vorsitzender des Kulturausschusses im Bundestag, teilt diese Einschätzung: „Dass die SPD bei einer Ministererlaubnis mitmacht, ist ein ernst zunehmendes Risiko – in der großen Koalition kuschen doch alle vor Springer.“ Sollte es zu einem entsprechenden Antrag kommen, kündigte Otto gegenüber der taz an, die Fusion im Bundestag zur Sprache zu bringen: „Eine Genehmigung wäre eine ordnungspolitische Sünde sondergleichen.“ H. Pilarczyk
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