„Adäquate Betroffenheit“

Lantamé Bougonou musste seine Krankheit amtlich anerkennen lassen – und durfte in Bremen bleiben

Bremen taz ■ Deutliche Worte fanden die Mitarbeiter des Therapiezentrums „Refugio“: Eine Weiterbehandlung des togoischen Flüchtlings Lantamé Bougonou sei „dringend notwendig“, schrieben sie im August 2004 an die Bremer Ausländerbehörde. Ein niedergelassener Neurologe, bei dem sich Bougonou ebenfalls in Therapie befand, attestierte gleich mehrere psychische Leiden. Die Ausländerbehörde blieb misstrauisch. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte Bougounou schon lange ausreisen sollen. Allein seine Erkrankung hatte ihn bisher davor bewahrt. Der sozialpsychiatrische Dienst des Bremer Gesundheitsamtes wurde beauftragt, die Atteste zu überprüfen und lud Bougonou im Februar 2005 zur Untersuchung vor.

„Ich durfte zwei Bekannte mitbringen, das hat mir geholfen. Eine übersetzte mir die Fragen der Ärztin ins Französische.“

Über Togo habe die Ärztin viel wissen wollen, erzählt Bougonou. Nicht ohne Grund: Seine dortigen Erlebnisse dürften Ursache für seine Traumatisierung sein. Bougonou war Anhänger einer Oppositionspartei in der westafrikanischen Diktatur, fürchtet noch heute, bei einer Rückkehr für immer im Gefängnis zu landen. Bis nach Deutschland verfolgen ihn Panikattacken, wegen denen er zeitweise nicht einmal mit der Straßenbahn fahren könne. All dies, so sagt er, habe er auch bei der Untersuchung der Amtsärztin vorgebracht. Diese glaubt ihm und vermerkt, sein Vortrag sei von „adäquater Betroffenheit begleitet“ gewesen.

„Wie sie sich entscheiden würde, wollte mir die Ärztin am Ende aber nicht sagen.“ Fünf Wochen später sandte das Behandlungszentrum Bremen-West eine Durchschrift des Untersuchungsergebnisses an Bougonous Anwalt. Die Ärzte schlossen sich im wesentlichen den Diagnosen ihrer Kollegen an – Bougonou durfte bleiben.

Sein Gesundheitszustand hat sich seither kaum verändert. Wegen verschiedener psychosomatischer Beschwerden erlitt er vor einiger Zeit einen Zusammenbruch und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Schwindelanfälle und Schlafstörungen kämen häufig bei ihm vor, berichtet er, Besuche verschiedener Fachärzte hätten nur wenig gebracht. „Seit diesem Monat mache ich Krankengymnastik beim Physiotherapeuten“, erzählt Bougonou. „Mein Arzt sagte, das könnte helfen.“ cja