Der Wochenendkrimi
: Trauma-Deutung

„Tatort: Schwarzes Herz“, So., 20.15 Uhr, ARD“

Der Gewaltlauf am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen. Wie FBI-Agentin Clarice Starling in „Das Schweigen der Lämmer“ joggt Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) am Rande der Erschöpfung durchs Unterholz. Auch sie versucht der Erinnerung davonzurennen; in der vorherigen Folge ist ihr Lebensgefährte gewaltsam aus dem Leben geschieden. Ein gefundenes Fressen für den Drehbuchautor: Die leicht gestörte Kombinationsgabe der traumatisierten Kommissarin wird in solchen Fällen ja durch ein besonders empfindsames Sensorium wettgemacht.

Und so konfrontiert man Lindholm für „Schwarzes Herz“ (Regie: Thomas Jauch, Buch: Fabian Thaesler) im Ödland um Stade mit verronnenen Lebensträumen und zweifelhaften zwischenmenschlichen Arrangements. Einem Schweinezüchter wurde die Frau ermordet, die er über eine Kontaktanzeige kennen gelernt und für sein karges Schweinezüchterdasein gefügig gemacht hatte. Der örtliche Wachtmeister hatte eigentlich eine LKA-Karriere im Sinn, musste dann aber in der Provinz seinen krebskranken Vater pflegen. Später wird noch tot im Gehölz ein Veterinär gefunden, der offensichtlich ein zu großes Herz für die unverstandenen Frauen der Gegend hatte.

Leider bleibt dem Zuschauer wie der Ermittlerin die psychosoziale Gemengelage verschlossen. Denn wo Lindholm zuhören müsste, da motzt sie und schluckt Pillen. Eine ergiebige Verbindung zwischen eigenem Trauma und fremder Tat (wie sie etwa im HR-„Tatort“ nach dem Mord an den Eltern von Kommissarin Sänger entwickelt wurde) findet man hier nicht. Arbeit und Trauerarbeit gehen eben doch nicht immer gut zusammen.

CHRISTIAN BUSS