: AMERICAN PIEWie Wayne
Am vergangenen Wochenende machte der Stanley Cup Station in Vancouver. Lange anstehen für ein Foto mit dem überdimensionierten Pokal und ein paar Mounties. Klick – und weg.
Ähnlich schnell beiseite geschoben muss sich auch Alexander Ovechkin gefühlt haben, als seine Washington Capitals vergangene Saison in einer dramatischen Finalserie in der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL den Pittsburgh Penguins – und Kanadas Superstar Sidney Crosby – unterlagen.
Während nun der Stanley Cup am Olympiaort weilte, war in Washington Zeit zur Revanche: Capitals gegen Penguins, Ovechkin gegen Crosby, und kurz vor Olympia auch Russland gegen Kanada. Die Buchmacher sind sich sicher, dass es auf diesen Zweikampf im olympischen Eishockeyturnier hinauslaufen wird. Nach knapp zehn Minuten hatte „Sid the Kid“ Crosby „Alexander the Great“ Ovechkin in der NHL-Torschützenliste eingeholt. Zwei Treffer des Kanadiers, auf den sich alle Hoffnungen seiner Landsleute richten, die Goldmedaille zu holen. Dann können die anderen 85 Goldplaketten ruhig auf Reise gehen. Schon einmal war Kanada Gastgeber von Olympischen Winterspielen. Doch das Eishockey-Mutterland verpasste den Titel.
1:4 lag Washington im zweiten Drittel zurück, dann zeigte Ovechkin, dass diese Saison ihm gehört und dass Russland in Kanada im Vorteil sein könnte. Den Anschluss hatte der 24-jährige Flügelstürmer bereits erzielt, jetzt ließ er zwei Tore und die Vorlage zum 5:4 in der Overtime folgen.
„14th straight“, 14 Siege in Folge haben die Capitals mittlerweile eingefahren. Die drittlängste Serie in der langen NHL-Geschichte. Gewinnen die Caps ihre verbleibenden drei Spiele vor der olympischen Pause, sind sie alleiniger Rekordhalter. Seit Anfang Januar Ovechkin zum Kapitän der Mannschaft wurde, hat das Team 17 Siege eingefahren, denen eine Niederlage gegenübersteht. Die „Caps“ sind nach 59 Spieltagen Erster in der Liga, „Ovi“ hat die meisten Tore geschossen (42), die meisten Scorerpunkte (89) gesammelt – und noch über elf Jahre Vertrag. Er hatte 2008 für 13 Jahre unterschrieben. Gesamtverdienst in dieser Zeit: 124 Millionen Dollar.
Ovechkin, dessen erste NHL-Saison 2004/2005 einem Streik zum Opfer fiel, ist der Lionel Messi des Eishockeys: schnell, trickreich und mit einem harten Schuss gesegnet. Dazu deutlich härter als sein argentinisches Pendant im Fußball. Jüngere Fans, die Wayne Gretzky nie in seinen besten Jahren erlebt hatten, schwärmen, dass sie nun wüssten, wie sich das angefühlt haben muss. Der Vergleich muss sein. Genau wie der gerade beste argentinische Spieler stets mit Diego Maradona, so werden Ausnahmespieler in der NHL mit „The Great One“ Wayne Gretzky verglichen – zumindest wenn sie so deutlich herausragen wie Ovechkin und Crosby. Eigentlich war dem 23-Jährigen Kanadier der Gretzky-Nachfolger-Titel angedacht worden.
Der Hype um ihn ist kurz vor den Spielen riesig: 15 Fernsehsender waren bei der Verkündung des kanadischen Eishockeykaders für Olympia, vier übertrugen live – und einer soll der Superstar der Spiele werden: Sidney Crosby. Doch nach Ovechkins Pfostenschuss in der Verlängerung und Mark Knubles Abstauber zum Sieg der Capitals scheint nun auch dieser zweite inoffizielle Titel ernsthaft in Gefahr. Klick – und weg. JÜRN KRUSE