Kunst statt Babies

In Köln wird Deutschlands erste „Kunstklappe“ installiert. Kunsträuber können dort anonym ihre Beute zurückgeben

Eine dunkle Gestalt eilt durch die Gassen in der Kölner Südstadt. Unter dem Arm ein gut verschnürtes Paket. Der lange Schatten wandert schnell an den Häuserwänden entlang. Ab und zu wirft die Gestalt gehetzte Blicke nach hinten. Ist Harry Lime wieder unterwegs? Der Schatten hat sein Ziel erreicht. Blitzschnell steckt er das Paket in eine dunkle Öffnung in der Mauer, dann verschwindet er wieder in der Dunkelheit.

Diese Szenerie könnte ab nächster Woche in der Domstadt tatsächlich Realität werden. Dann ist dort Deutschlands erste „Kunstklappe“ installiert. In einer ehemaligen Kohlenklappe am Kunstraum 21 können bis Ende März reumütige Kunstdiebe unerkannt ihre Beute ablegen. In Wien gibt es das Kunst-Loch in der Wand bereits seit einem Jahr. Die beiden österreichischen Künstler Moussa Kone und Erwin Uhrmann haben es erdacht, die Galerie Kunstwerft in Wien hat die Klappe damals installiert. In Köln arbeiten die Künstler eng mit dem Art Loss Register (ALR) zusammen, das weltweit nach gestohlener Kunst fahndet.

„Die Aktion ist ein Kunstprojekt“, sagt die Geschäftsführerin Ulli Seegers der taz, „das es zu fördern gilt“. Man sei gespannt, wie die Klappe in Köln angenommen werde, auch vor eingeworfenem Müll habe man keine Angst. „So viele Idioten wird es hier nicht geben“, sagt Kunstklau-Detektivin Seegers. Das ALR ist die größte private EDV-Datenbank zur Aufklärung von Kunstdiebstählen weltweit. Mehr als 120.000 registrierte, gestohlene Werke stecken darin. Weitere Büros in London, New York und St. Petersburg arbeiten daran, der internationalen Kunst-Kriminalität auf die Schliche zu kommen. Die neue Kölner Kunstklappe sei deshalb nicht nur eine Kunstaktion. „Vielleicht findet sich ja auch das ein oder andere gestohlene Werk darin“, hofft Seegers. Deshalb werde auch Innen der Boden mit Schaumstoff weich gepolstert, damit die Kunstwerke keinen Schaden nehmen.

Aber viele der eingeworfenen Arbeiten werden nicht gestohlen und auch nicht zu identifizieren sein. Als Sammlung präsentiert die Galerie sie auf einer Sonderschau der Museumsmesse Exponatec Mitte Februar in Köln. Dabei die 40 echten und falschen Stücke, die in der seit November 2004 geöffneten „Kunstklappe“ in Wien abgegeben worden sind. Auch das gehört natürlich zum künstlerischen Projekt der beiden österreichischen Ideengeber. PETER ORTMANN