piwik no script img

Archiv-Artikel

Wilhelmshaven wird abgestiegen

UNSPORTLICH Nach Abzug von 16 Punkten könnte der SV Wilhelmshaven aus der Fußball-Regionalliga fliegen

„So macht Fußball einfach keinen Spaß, es droht eine Klagewelle“

TRAINER CHRISTIAN NEIDHARDT

Die Fußball-Saison in der Regionalliga ist eigentlich zu Ende. Nach dem letzten Spieltag am Samstag droht aber eine Klagewelle. Punktabzüge, Klage-Androhungen und Ungewissheit hatten bereits den Saisonverlauf des SV Wilhelmshaven geprägt, nun geht es möglicherweise vor Gericht weiter.

Seit der 1:2-Heimniederlage gegen den VfB Oldenburg steht der SVW als Absteiger fest – vorläufig. Die 2007 getätigte Verpflichtung von Sergio Sargazuzu belastet den Verein noch immer – auch wenn der argentinische Außenbahnspieler längst wieder in seiner Heimat für den Zweitligisten Mutual Crucero del Norte kickt. Der internationale Sportgerichtshof CAS sprach zwei argentinischen Klubs eine Ausbildungsentschädigung von 150.000 Euro zu. Weil der SVW sich weigert zu zahlen, hat die Fifa über den DFB einen Sechs-Punkte-Abzug verfügt. Dieses nun sechs Jahre dauernde Verfahren wurde bereits vor Sport- und ordentlichen Gerichten verhandelt, schließlich zwischen Bremer Amts- und Landgericht hin- und hergeschoben. Der vom SVW beauftragte Hannoveraner Anwalt Jürgen Scholz sieht im Urteil vom CAS und der folgenden Weisung der FIFA über DFB und letztlich sogar den Norddeutschen Fußballverband einen Eingriff in das Rechtssystem: Jene zwei Klubs „mussten nie vor den Gerichten ihre Ansprüche prüfen lassen“, die FIFA drücke sie praktischerweise so durch. „Wir sind Vollzugsbeamte“, gab Eugen Gehlenborg, Präsident des Norddeutschen Fußballverbands, nach der Ehrung des Meisters Holstein Kiel zu.

Außerdem fehlen dem SVW zehn Zähler aus den Spielen gegen den VfB Lübeck und den FC Oberneuland, deren Ergebnisse wegen der Insolvenzverfahren gegen die Klubs vom NFV annulliert worden sind. Konkurrentin Victoria profitierte von dieser Entscheidung: Die drei absolvierten Partien gegen die Pleiteklubs hatten die Hamburger allesamt verloren. Abzug also: null Punkte.

„16 Punkte, die wir sportlich errungen haben, fließen nicht in die Tabelle ein“, beklagt Mannschaftskapitän Steffen Puttkammer. Und der scheidende Trainer Christian Neidhart empört sich: „Wie viele Knüppel will man uns noch zwischen die Beine werfen? Was helfen dir gute Leistungen, wenn am Ende alles am Grünen Tisch entschieden wird? So macht Fußball einfach keinen Spaß, es droht eine Klagewelle.“

Der Feinkosthändler und Pferdezüchter Albert Sprehe, wichtigster Sponsor, hat wohl kein Interesse, den Club auch in der Niedersachsenliga zu finanzieren. Der WSV verzichtete deshalb auf die Lizenz und droht nun gleich um zwei Ligen abzustürzen.

Am 30. Mai findet noch das Landespokalfinale des SVW gegen den VfL Osnabrück statt. Ob dann schon einstweilige Verfügungen durch Anwalt Scholz gegen die Punktabzüge vorliegen, hängt auch von einer Hoffnung ab: Sollte Meister Kiel in den Aufstiegsspielen gegen Hessen Kassel der Sprung in die Dritte Liga gelingen, würden die Kicker vom Jadebusen doch noch den Klassenerhalt schaffen. Wenn der Fall „Sargazuzu“ nicht wär. Wenn die Wilhelmshavener die Ausbildungsentschädigung weiterhin nicht zahlen, wäre auch ein Zwangsabstieg möglich, so Verbandschef Gehlenborg.

Und wenn der finanziell angeschlagene Pokalgegner VfL Osnabrück den Aufstieg in die Zweite Bundesliga verpasste und für die Dritte Liga keine Lizenz bekäme, müsste er in die Regionalliga absteigen. Die Folge: Wilhelmshaven stiege doch noch ab.DIRK SCHNEIDER/FOLKE HAVEKOST