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Archiv-Artikel

Umzug mit brennenden Fackeln und Deutschlandlied

BURSCHENTAG Wie deutsch muss ein Mitglied sein? Das konnten die Vereine wieder nicht entscheiden

EISENACH taz | Antrag zurückgezogen. Die Deutsche Burschenschaft (DB) entschied auf ihrem Burschentag am Wochenende schon nach zwanzig Minuten, über den sogenannten Arier-Antrag wieder nicht zu entscheiden. Ein Kehrtwende in der DB? „Nein“, sagte Christian J. Becker von der Initiative „Burschenschaftler gegen Neonazis“. Und betont: „Das ist Taktik.“

In den vergangenen zwei Jahren wurden Anträge, eine deutschen Herkunft als Voraussetzung für eine Mitgliedschaft festzulegen, immer wieder vertagt. Um die Auseinandersetzung zu entschärfen, meint Becker. Er gehörte bis zu seinem Ausschluss wegen Kritik am Rechtstrend der DB einer schlagenden Burschenschaft an.

In der thüringischen Stadt Eisenach waren seit Donnerstag rund 350 Burschenschafter zur Jahrestagung des einst größten Verbandes zusammengekommen. Transparenz der Debatten? Eher nicht. Die Burschen blieben unter sich, Presse war unerwünscht. Walter Tributsch, DB-Pressesprecher und Mitglied der rechtslastigen Wiener Akademischen Burschenschaft Teutonia, machte zugleich deutlich, dass „nur deutsche Studenten“ in den deutschen Dachverband aufgenommen werden sollen. Österreich zählt hier schon seit Jahrzehnten als Teil Deutschlands. Jede Burschenschaft soll nun selbst entscheiden, wie deutsch ihre Mitglieder sein müssen. Kriterien, so der DB-Pressechef, seien das Beherrschen der deutschen Sprache sowie die deutsche Herkunft. Männlichsein ist eine Grundvoraussetzung.

Vor der Herrenrunde sollte Hans-Helmuth Knütter sprechen. Für Becker „ein deutliches Signal der politischen Ausrichtung“. Seit Jahren postuliert Knütter, ein emeritierter Politikprofessor, dass die wahren Feinde der Demokratie die „wirren Gefühlssozialisten, kriminellen Antifaschisten“ und „gewaltbereiten Autonomen“ seien.

Am Freitagabend richteten die Burschenschafter einen „Festakt“ auf der Wartburg aus. Hier soll laut Medienberichten Tributsch gegen die Eurorettung und die europäische Integration gewettert haben. Im Anschluss daran zogen die Herren in voller Kluft und mit brennenden Fackeln zum Burschenschaftsdenkmal oberhalb der Stadt. Dabei sollen sie das Deutschlandlied gesungen haben.

ANDREAS SPEIT