: Enten auf Valium
MÜDE Wang Quan’ans Eröffnungsfilm „Tuan Yuan (Apart Together)“ erzählt maximal fade von einer Liebe zwischen Taiwan und China
Wer hat bloß das Valium in den Feuertopf geworfen? Der Eröffnungsfilm der Berlinale, „Tuan Yuan (Apart Together)“ von Wang Quan’an sieht leider so aus, als hätte man ihm zu viele Sedative verabreicht: gedämpft, verhalten und langsam. Dabei macht er etwas, was in asiatischen Filmen in der Regel sehr gut ausschaut. Unentwegt tischt er Speisen auf, Krabben, Enten, Barsche, Suppen, Bohnen und Gemüse, und schaut seinen Figuren beim Essen zu. Bei jemandem wie dem koreanischen Regisseur Hong-Sang Soo läuft einem in solchen Szenen das Wasser im Munde zusammen. Wang Quan’an hingegen setzt die Figuren seines Films an den Tisch, schaut ihnen in langen Halbtotalen zu und lässt sie ausbuchstabieren, was der Film in eigenen Bildern nicht zu erzählen vermag.
„Tuan Yuan“ führt zwei Liebende zusammen, nachdem sie sich ein halbes Jahrhundert nicht gesehen haben: Qiao Yu’e (Lisa Lu) und Liu Yansheng (Ling Feng). Er war Soldat der Kuomintang und musste Schanghai 1949 in Richtung Taipeh verlassen; sie blieb, hochschwanger, in Festlandchina und war als alleinerziehende Frau und Geliebte eines Antikommunisten Repressalien ausgesetzt, bis sie ihrem jetzigen Mann, Lu Shanming (Xu Caigen), begegnete. Eines Tages kündigt sich Liu Yansheng mit einem Brief an; wenig später steht er vor der Tür, ein faltiger Mann, dessen Lider sich kaum je heben.
Der Film verfolgt von nun an die Frage, ob die beiden Liebenden von damals wieder zusammenkommen oder ob Qiao Yu’e bei ihrem Mann bleibt. Leider gibt sich „Tuan Yuan“ dabei so geheimnislos, wie es sich in einer der allerersten Einstellungen ankündigt – das alte, verwinkelte Schanghai liegt im Vordergrund der Totale, die Skyline des neuen Schanghai ragt im Hintergrund auf. So merkt man auch mit halb gesenkten Lidern, dass hier das Neue mit Wucht auf das Alte prallt. Wenn sich Liu Yansheng an den 10. Februar 1949 erinnert, den Tag, an dem er Schanghai verließ, sagt er, dass es in Strömen regnete; wenn Lu Shanming, damals Unteroffizier bei den kommunistischen Truppen, zurückdenkt, ist er sich sicher, dass die Sonne strahlte.
Die Kamera – der Deutsche Lutz Reitemeier führt sie – ist behäbig; langsam fährt sie an den Figuren vorbei oder umkreist sie, die Einstellungen dauern lange, ohne dass man wüsste, warum, und einmal, als sich die beiden alten Herren betrinken, fängt sie an, leicht zu schwanken. „Tuan Yuan“ zielt darauf, maximal verständlich zu sein, und wird dabei maximal fade. CRISTINA NORD
■ Heute, 12. 2., 18.30 Uhr, Odeon; heute, 12. 2., 20 Uhr, Urania; heute, 12. 2., 19.30 Uhr, MGB-Kino