MAHLER/AHMADINEDSCHAD: RECHTSEXTREMIST SOLL NICHT IM IRAN HETZEN : Der Reisepass als Instrument
Manchmal lässt sich der Streit von zwei Seelen in der eigenen Brust auch dann nicht gütlich lösen, wenn man beiden lange geduldig zuhört. Die Meldung, dass Horst Mahler für sechs Monate der Pass entzogen wird, löst sehr gemischte Gefühle aus. Der rechtsextremistische Anwalt soll auf diese Weise an der Reise zu einer antisemitischen Konferenz in Teheran gehindert werden. Gut so! Einerseits. Andererseits: Bitte nicht so!
Den Völkermord an europäischen Juden zu leugnen ist keine freie Meinungsäußerung, sondern eine Lüge, die in Deutschland zu Recht als Straftat verfolgt wird. Es wäre ein schwer erträglicher Gedanke, dass Mahler seine Ansichten ungestört vor großem Publikum vertreten dürfte, und eine mögliche spätere Anklage könnte da nur ein schwacher Trost sein. Erfahrungsgemäß lässt sich gerade ein Prozess geschickt für die Märtyrerrolle missbrauchen, wenn der Staat verbietet, das zu sagen, was angeblich viele heimlich denken. Man ist dankbar, durch einen hoheitlichen Eingriff vor dieser Unterstellung in Schutz genommen zu werden.
Wenn es bloß nicht in jüngster Zeit so viele hoheitliche Eingriffe und Überlegungen gegeben hätte, die den Eindruck erwecken, dass ein Pass künftig nicht nur Schutz und Reisefreiheit garantiert, sondern verstärkt für staatliche Reglementierung genutzt wird. Mal wird erwogen, ob die irakische Regierung gebeten werden soll, der ehemaligen Geisel Susanne Osthoff ein Einreisevisum zu verweigern. Mal werden die Bedingungen für Ausbürgerungsverfahren erörtert, ohne dass dabei dem Grundgesetz größere Beachtung geschenkt würde. Wenn dies ein Trend sein sollte, gilt es, den Anfängen zu wehren. Selbst dann, wenn man dafür vielleicht Beifall von der falschen Seite bekommt.
Manchmal ist man froh, eine Entscheidung nicht treffen zu müssen. Aber wenn ich es tun müsste? Dann würde ich Mahler vermutlich fahren lassen, das Dilemma auf einer Pressekonferenz schildern und hoffen, dass Mahnwachen und Demonstrationen der Bevölkerung ein deutliches Signal gegen Rechtsextremismus setzen. Zugegeben: Souverän wäre das nicht. BETTINA GAUS