: „Man muss differenzieren“
GLEICHBERECHTIGUNG Drei Sinti-Generationen erzählen von Diskriminierung und rassistischen Vorurteilen
■ 65, Musiker und Zweiter Vorsitzender des Landesvereins der Sinti in Hamburg. Seine Familie lebt seit 150 Jahren in Hamburg.
taz: Herr Michau, Sie fordern Respekt für Sinti und Roma. Warum gibt es so viele Vorurteile?
Robert Michau: Wir integrieren uns und sind trotzdem nur eine Randerscheinung. Seit 600 Jahren haben wir ein Anrecht als Deutsche behandelt zu werden. Sorben werden auch respektiert. Aber Sinti und Roma werden von der deutschen Mehrheitsgesellschaft ausgegrenzt, uns werden kriminelle Machenschaften nachgesagt. Unsere Ethnie ist immer rassistischen Vorurteilen ausgesetzt.
Heute Abend berichten Vortragende aus drei Generationen von ihren Erfahrungen. Gibt es große Unterschiede?
Nein. Es hat sich nicht viel geändert. Wir müssen uns verstecken und können nicht so leben wie wir wollen. Mein Schwager zum Beispiel war Dachdeckermeister. Als die Leute erfuhren, dass er Sinti ist, ist keiner mehr zu ihm hingekommen. Aufträge wurden zurückgenommen. Denn was kann schon von einem Zigeuner kommen? Sein Sohn Arnold ist 25, war bei seinem Vater mit angestellt und hat genau die gleichen Erfahrungen gemacht. Wenn man sich outet, hat man auch heute noch sehr viele Schwierigkeiten. Unser Ziel ist es, das abzubauen.
Die Debatte um Zuwanderung aus ärmeren Ländern wie Bulgarien oder Rumänien ist schwierig, da sehr emotionalisiert. Wünschen Sie sich eine sachlichere?
Probleme gibt es, das leugne ich nicht. Aber die gibt es in allen Gruppen, auch bei Türken. Man muss differenzieren und nicht generell sagen, alle sind kriminell. Nach dem Motto „Holt die Wäsche rein, die Zigeuner kommen.“ Das ist doch Dummheit, heute noch so zu denken! Wenn einer sich schuldig macht, dann muss er natürlich auch bestraft werden. Aber nicht aufgrund der Ethnie!
Viele Deutsche befürworten eine Beschränkung der Zuwanderung …
Deutschland propagiert Freiheit, dann muss es sie auch umsetzen. Wie kann ich einen Menschen degradieren, der sein Brot verdienen will? Aber das kann ich nicht entscheiden, das muss unsere Regierung tun.
Was wünschen Sie sich?
Eine Gesellschaft, die respektvoll miteinander umgeht. Die Voreingenommenheit muss abnehmen. Mein Schwager sagt immer, unsere Eltern waren im KZ und heute sind wir Freigänger, aber frei sind wir nicht. INTERVIEW: JMK
Gespräch: „Unser Ziel heißt Respekt“: 18 Uhr, Gästehaus der Universität Hamburg, Rothenbaumchaussee 34