: Missbrauch untersucht
CANISIUS-KOLLEG Damalige Schulleitung wusste seit dem Jahr 1981 Bescheid über die Taten
Die Zahl der Missbrauchsopfer am katholischen Canisius-Kolleg in Tiergarten hat sich auf 50 erhöht. Das berichtete Rechtsanwältin Ursula Raue, die vom Jesuitenorden beauftragt ist, den Missbrauchsskandal an dem Gymnasium aufzuklären, bei der Vorstellung ihres ersten Berichts am Donnerstag. „Das hat eine Dimension angenommen, die bisher nicht zu ahnen war“, so Raue.
Seit der jetzige Rektor des Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertens, Ende Januar mit den Missbrauchsfällen an seiner Schule an die Öffentlichkeit getreten ist, kann sich Raue vor Anfragen kaum retten. Sie habe sowohl Gespräche mit Missbrauchsopfern aus den 50er-Jahren geführt als auch mit Opfern aus den 80ern.
Zudem hat sie die Akten über die beiden beschuldigten Patres Wolfgang S. und Peter R. ausgewertet und festgestellt: Spätestens seit Mai 1981 hat die damalige Schulleitung des Canisius-Kollegs im Fall Peter R. von Übergriffen gewusst. Damals hatten elf Schülerinnen und Schüler einen Brief an die Diözesenleitung der Gemeinschaft Christlichen Lebens und der Schulleitung geschickt und unter anderem die praktizierte Sexualpädagogik infrage gestellt. Offiziell hat es darauf keine Antwort gegeben. Raue fand jedoch in der Personalakte Notizen, die erkennen lassen, dass der Schulleitung spätestens nach diesem Brief bekannt war, was in der „Burg“ vor sich ging. Tatsächlich wurde vonseiten der Schulleitung daraufhin intensiv daran gearbeitet, Peter R. aus dem Canisius-Kolleg zu entlassen – was 1981 auch geschah.
Mehrfach in Therapie
Im Fall des Paters Wolfgang S., der zwischen 1975 und 1979 am Canisius-Kolleg tätig war, zitierte Raue aus einem Schreiben aus dem Jahre 1967. Darin erklärt S., dass ihm „mehrfach die Hand ausgerutscht“ sei, „auch dort, wo es nicht unbedingt notwendig gewesen wäre“. Die sexuelle oder gar sadistische Komponente seien vielen Opfern damals gar nicht bewusst gewesen, berichtet Raue. Unverständlich ist für sie, weshalb S., der mehrfach in Therapie ging, immer wieder als Lehrer zum Einsatz kam. FELIX LEE
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