: Ein paar Stimmen mehr für den Zweitplatzierten
PEINLICH Die Saar-Linke hat sich bei der Spitzenkandidatur verzählt. Gibt es Neuwahlen?
BERLIN taz | Es läuft nicht gut für die Linkspartei im Saarland. Kürzlich wurde bei einer Kampfabstimmung beim Wahlparteitag ganz knapp Yvonne Ploetz auf Platz eins der Landesliste gewählt. Thomas Lutze, ebenfalls Bundestagabgeordneter, landete auf Platz zwei.
Nun hat eine notarielle Nachprüfung ergeben, dass die Linkspartei es mit Zahlen offensichtlich nicht so genau nimmt: Lutze hatte sieben Stimmen mehr als Ploetz. Das ist ein Unterschied ums Ganze – denn im Herbst wird es für die Saar-Linken nur noch für einen Platz im Bundestag reichen. Wie es zu diesem Fehler kam, „ist unklar“, sagte der Sprecher der Saar-Linkspartei. Auch im Lager des um den Sieg geprellten Thomas Lutze hält man sich bedeckt. Von Manipulationsverdacht ist nicht die Rede.
Was nun? Klar ist, dass ein Parteitag Ende Juni eine neue Landesliste wählen wird. Strittig ist, ob das auch für Platz eins, also Thomas Lutze, gilt. Yvonne Ploetz erklärte am Dienstag: „Es ist gut, wenn die Basis noch mal die Möglichkeit bekommt, über die Spitzenkandidatur zu entscheiden.“ Auch die Führung der Saar-Linken meint, dass nun komplett neu abgestimmt werden müsse. Im Umfeld von Lutze sieht man das anders: Platz eins sei korrekt gewählt worden. Über dass weitere Verfahren wird die Schiedskommission bis spätestens Montag entscheiden.
Mindestens unglücklich ist die Rolle, die Oskar Lafontaine in dem Kandidatendebakel der Saar-Linken spielt. Zuerst hatte er versucht, die Politik unerfahrene Extennisspielerin Claudia Kohde-Kilsch auf Platz eins zu hieven – und damit seine Macht komplett überschätzt. Auf dem Parteitag wurde Lafontaine, Leuchtfigur der Saar-Linkspartei, ausgepfiffen. Nachdem seine Kandidatin gescheitert war, griff Lafontaine aggressiv Lutze an und unterstützte Ploetz. Ploetz kündigte am Mittwoch an, dass sie „den von Oskar eingeschlagenen Weg fortsetzen“ werde.
Laut einer Umfrage im Mai kam die Linkspartei im Saarland auf 10 Prozent – nur knapp halb so viel wie bei der Bundestagswahl 2009. Die Zähl-Affäre, so ein Saar-Genosse, „wird uns enorm schaden“. Auch eine juristische Anfechtung ist nicht ausgeschlossen: Linkspartei klagt gegen Linkspartei wäre im Wahlkampf jedenfalls eine suboptimale Schlagzeile.
STEFAN REINECKE