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Archiv-Artikel

„Die Linien verlaufen nicht zwischen Ost und West“

Ulrich Maurer, WASG-Bundestagsabgeordneter, hält die Debatte über ein Scheitern der Fusion mit der Linkspartei für aufgebauscht

taz: Herr Maurer, die WASG-Spitze sitzt in der Zwickmühle. Auf der einen Seite meutert die Basis, auf der anderen Seite schimpft deswegen die Linkspartei.

Ulrich Maurer: Zwickmühle ist doch deutlich übertrieben. Es gibt eben auf beiden Seiten Menschen, die es schaffen, uns immer wieder mal zu ärgern. Nehmen wir Berlin. Dort gibt es einen oft irrationalen Landesverband und eine Senatspolitik, die manchmal für mich nicht nachvollziehbar ist, wenn es beispielsweise um das Privatisieren von Wohnungen geht. Dagegen regt sich inzwischen selbst in der SPD Widerstand.

Also sollte sich die Linkspartei auch an die eigene Nase fassen?

Beide Parteien haben mit Problemen bei der Parteibildung zu kämpfen. Allerdings macht es die etwas wirr agierende WASG in Berlin der dortigen Linkspartei auch sehr einfach, ihren Kurs beizubehalten.

Die WASG- Führung stellt den Berliner Landesverband gern als die einzigen Querulanten dar. Doch Krach gibt es auch in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Dabei handelt es sich um 350 bis 450 Menschen. In der WASG gibt es jedoch inzwischen knapp 12.000 Mitglieder. Das Brimborium, welches in der Öffentlichkeit um dieses Thema gemacht wird, entspricht in keiner Weise den realen Verhältnissen.

Wird die WASG notfalls auf Rebellen-Verbände verzichten?

Bei Parteibildungsprozessen gibt es immer Menschen, die sich in der neuen Partei nicht wohl fühlen werden. Aber die Linien verlaufen schon heute in der Fraktion nicht mehr zwischen Ost und West und übrigens auch nicht zwischen Gewerkschaftern und Spontis, wie es uns des Öfteren mal nachgesagt wird. Solche einfachen Konstellationen gibt es im Leben nirgendwo, auch nicht in der WASG. Wenn der Parteibildung derzeit Gefahr droht, dann deswegen, weil die Partei kaum Geld hat und sich damit auch keine ordentlich organisierte Kommunikation leisten kann.

In Ihrer alten Partei ging es sicherlich disziplinierter zu. Haben Sie Heimweh?

Nein. Bei der SPD ist vieles in den letzten Jahren immer mehr zur Fassade geworden. Es gibt da durchaus eine äußerliche Professionalität, aber in der steckt oft auch eine große Portion Zynismus. Da arbeite ich doch lieber mit Idealisten, auch wenn es noch so chaotisch ist.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ