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Archiv-Artikel

Einfach mal eine faire Schule

UNTERRICHT An der Evangelischen Schule Köpenick setzt man auf Engagement. Dafür wird ihr heute der Titel „Faire Schule“ verliehen

„Die Achtung des Nächsten hat bei uns einen hohen Stellenwert. Uns ist bewusst geworden, dass man Ausgrenzung anderer noch weiter fassen muss“

INGRID HAACK-SEELEMANN, LEITERIN DER EVANGELISCHEN SCHULE KÖPENICK

VON ALKE WIERTH

Während im Physikraum Schüler an Sonnenkollektoren basteln, wird nebenan anhand von Fotos nicht nur über die dort abgebildeten Menschenrechtsverletzungen diskutiert, sondern auch gleich darüber, was man dagegen konkret tun könnte. Im Erdgeschoss des dreistöckigen Schulgebäudes werden derweil aus alten Klamotten schöne neue gemacht. Die 16-jährige Alma hat mit Freunden Sachen zum Umändern gesammelt, die Nähmaschinen dafür haben die SchülerInnen selbst mitgebracht – und einen Vortrag vorbereitet, um MitschülerInnen für ihren Workshop „Pimp deine Klamotten auf“ zu motivieren. Gerade bei den Jüngeren seien Billigklamotten beliebt, sagt Alma: „Deshalb ist es wichtig, ihnen zu erklären, warum Mode nachhaltig sein sollte.“

Na gut – der ganz normale Schulalltag sieht auch an der Evangelischen Schule in Köpenick so eigentlich nicht aus. Diese Woche ist Projektwoche, Thema Fairness. Gut ein Drittel der mehr als 20 Workshops, die in der Woche stattfinden, haben die Fünft- bis ZwölftklässlerInnen des Gymnasiums selbst geplant und organisiert. Aber auch an gewöhnlichen Tagen unterscheidet sich die Schule ein wenig von vielen anderen: Sonnenkollektoren gibt’s auf dem Dach der Turnhalle tatsächlich, die bald auch Strom ins Netz speisen sollen. Die SchülerInnen gehen schon mal mit Lehrkräften rechtsextreme Aufkleber in ihrem Bezirk abkratzen. Und bei Besuchen der Partnerschule in Peru helfen OberstufenschülerInnen dort in Behindertenprojekten oder Kitas aus.

Für so viel umfassendes soziales und ökologisches Engagement wird der Schule am Freitag als erste in Berlin der Titel „Faire Schule“ verliehen. Ausgedacht hat sich das neue Label der Verein Epiz Berlin. Das Entwicklungspolitische Bildungs- und Informationszentrum unterstützt Schulen schon seit fast drei Jahrzehnten dabei, globales Lernen, also Themen rund um die weltweite politische, soziale und ökologische Gerechtigkeit, stärker im Unterricht und Schulalltag zu verankern. Materialien, Workshops, eigene ReferentInnen oder Onlinekurse bietet Epiz dafür an. Mit dem neuen Label sollen Schulen nun angespornt werden, soziale Gerechtigkeit und globales Lernen zum Schulprogramm zu machen.

Passt zum Schulkonzept

Für die Leiterin der Evangelischen Schule Köpenick, Ingrid Haack-Seelemann, keine Frage, dass das genau zum Konzept ihrer Schule passt: „Die Achtung des Nächsten hat bei uns einen hohen Stellenwert“, sagt sie. An der Schule gehe es auch darum, „zu lernen, fair miteinander umzugehen“. Seit drei Jahren schon trägt die Schule den Titel „Schule ohne Rassismus“. Dass sie nun auch „Faire Schule“ wird, ist für Haack-Seelemann ein weiterer Schritt in die gleiche Richtung: „Uns ist bewusst geworden, dass man Ausgrenzung anderer noch weiter fassen muss.“

Obwohl die Evangelische Schule es vielleicht leichter auf diesem Weg als manche öffentliche Schule hat – als Schule in freier Trägerschaft kann sie Schüler- und Lehrerschaft passend zum Schulprogramm selbst auswählen und deshalb mehr auf Engagement für dessen Ziele zählen –, hat es auch hier einige Monate vom ersten Kontakt zum Epiz bis zum Erhalt der Auszeichnung gedauert. Denn die Anforderungen, die an „Faire Schulen“ gestellt werden, sind nicht gering: „Fair zu allen Mitmenschen im schulischen Umfeld, fair zu Menschen rund um den Globus und fair zur Umwelt“ sollen die Bewerber sein, heißt es in der Epiz-Broschüre zum neuen Label.

Das betrifft vom sozialen Miteinander über das globale Lernen im Unterricht bis zu ökologisch unbedenklichen Unterrichtsmaterialien und Lebensmitteln für die Mensa alle Bereiche des Schulalltags. Dazu werden etwa Schüler- und LehrerInnen per Fragebögen befragt.

Man sei zu der Bewertung gekommen, dass „SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und die Schulleitung sich rundum fair im Sinne der Auszeichnung“ verhielte, bestätigte dann Ende Mai das Epiz der Schule. Wenn am Freitag die Plakette am Schultor angebracht wird, ist das aber für Lehrerin Donata Schafferdt, die die Bewerbung um den Titel mitorganisiert hat, nicht das Ende eines Wegs, sondern Teil eines Prozesses, „bei dem wir ständig weiter darüber nachdenken, was wir noch verbessern können“.

„Ein gutes Dutzend“ weiterer Schulen bemühten sich derzeit bereits um den Titel „Faire Schule“, sagt Epiz-Mitarbeiter Kurt Damm. Mitmachen können alle Schulformen von der Grund- bis zur Berufsschule. Die nächste „Faire Schule“ wird voraussichtlich im Herbst ausgezeichnet.