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Archiv-Artikel

Der Anschieber bringt das Olympia-Gold

Kevin Kuske gilt als einer der besten Anschieber in der Bobszene. Dennoch kennt ihn kaum jemand. Der Potsdamer will mit seinem Viererbob-Team um den Piloten André Lange bei den Olympischen Spielen Medaillen holen. Am liebsten natürlich Gold

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Es ist ein altbekanntes Ritual. Vor der Eröffnungsfeier zu Olympischen Spielen herrscht große Geheimniskrämerei. Wird Alberto Tomba das olympische Feuer am Freitag in Turin entfachen? Oder wird ein anderer italienischer Sportheros die Fackel an die Schale halten? Wird Sophia Loren, die alternde und dennoch immer junge Diva, die Zuschauer und die versammelten Athleten mit ihrer Anwesenheit beglücken? Wenn die Antworten auf all diese Fragen gegeben werden, wird Kevin Kuske zu Hause in Potsdam vor dem Fernseher sitzen. Der Bobsportler fliegt erst am Sonntag nach Turin. Dann beginnt seine Mission. Denn Kevin Kuske hat große Ziele. Er will mit mindestens einer Medaille nach Hause zurückkehren. „Und wenn eine goldene dabei wäre, hätte ich auch nichts dagegen“, meinte er zu Beginn der letzten Trainingswoche vor den Olympischen Spielen.

Der große, kräftige Mann geht seine Aufgabe äußerst locker an. Er weiß, wie es sich anfühlt, wenn die Nationalhymne erklingt. Vor vier Jahren wurde er schon einmal Olympiasieger. Das ist in seiner Heimat Potsdam gebührend gefeiert worden. Dennoch ist Kevin Kuske nicht das, was man einen Sportstar nennt. Er gehört zum Team von André Lange. In dessen Gefährt hat er 2002 die Goldmedaille im Viererbob gewonnen. Zudem war er schon drei Mal Weltmeister. Dass er oft nur am Rande erwähnt wird, liegt an seinem Job im Team. Er ist der Anschieber. So richtig bekannt kann ein Bobfahrer jedoch nur als Pilot werden. Kevin Kuske ist der Mann hinter André Lange.

Dass er nur am Rande der öffentlichen Aufmerksamkeit steht, macht dem Sportler nichts aus. „Ich habe gerne meine Ruhe“, sagt der Mann, der als einer der besten Anschieber in der Bobszene gilt. Bei aller Zurückhaltung weiß Kuske jedoch ganz genau, was er für sein Team, für André Lange wert ist. „Die Anschieber werden immer wichtiger“, erklärt er, „früher spielte das Material eine große Rolle oder die Qualität des Piloten, doch diese Zeiten sind vorbei.“ Jetzt komme es auf die Anschieber an.

Das ist Kuske seit nunmehr fünf Jahren. Zuvor war er Sprinter. Er gehörte zum U-23-Kader des Deutschen Leichtathletikverbandes. Doch als er nach einer Verletzung aus der Sportförderung herausfiel, hat er sich in der Bobszene umgetan. Der 1,94 Meter große Mann, der 102 Kilo auf die Waage bringt, machte erste Tests als Anschieber und war sofort ein gefragter Mann. Ex-Bob-Guru Christoph Langen und andere Größen der Szene wollten den Sprinter mit dem kraftvollen Antritt verpflichten. Am Ende hat er sich für André Lange entschieden, weil der ihm die beste Perspektive geboten habe. Jetzt ist er eine feste Größe im Team des Oberhofers – im Zweier- wie im Viererbob.

„Als Sprinter wäre ich vielleicht zu groß und zu schwer gewesen.“ Der 27-Jährige glaubt, dass er den für seine körperlichen Voraussetzungen idealen Sport gefunden hat. Mit seinem schnellen Antritt kommt ihm die Olympiabahn von Cesana entgegen. Der Anlauf ist mit seinen 40 Metern 10 Meter kürzer als auf den meisten anderen Bahnen. Auf diesen 40 Metern, glaubt Kuske, werde die Entscheidung fallen. Denn der Kunsteiskanal sei ansonsten nicht besonders schwierig.

Es wird also vor allem auf ihn ankommen in Cesana, das weiß er und er nimmt die Herausforderung an. Er weiß auch, dass – sollte es wirklich mit Edelmetall klappen – vor allem André Lange, der Pilot, gefeiert werden wird. Das kennt er. Es soll ihm recht sein. „Der André weiß schon, was er an mir hat“, sagt Kevin Kuske.