: „Schönefeld – mit uns nicht“
Die Flughafengegner sind profimäßig organisiert. Ihre schlagfertigen Argumente sind mehr als Sand im Getriebe
Das Logo der Bürgerinitiative gegen den Flughafenausbau in Schönefeld lässt keine Frage offen: Ein riesiger Jet rast im Sinkflug über beschauliche Häuschen, er streift dabei Baumwipfel, darüber prangt der Schriftzug „Schönefeld – mit uns nicht“. Wenn man so will, erreicht der lange Kampf der Ausbaugegner mit dem heutigen Verhandlungsauftakt in Leipzig seinen Höhepunkt.
Ohne den „Bürgerverein Brandenburg-Berlin“ (BVBB), so der offizielle Name der Initiative, hätte die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht wohl nie eine solche Stoßkraft bekommen. 3.900 private Kläger stehen hinter der Sammelklage, zusätzlich haben sich betroffene Anliegergemeinden in einer Schutzgemeinschaft zusammengeschlossen. Den Namen hat sich die Initiative mit Bedacht gegeben: Brandenburg steht vorn, erst dann kommt Berlin.
Dahinter verbirgt sich die Furcht, dass die arrogante Hauptstadt berechtigte Anwohnerinteressen hemmungslos niederbügelt. Und diese These hat sich in der Führungsriege um den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Ferdi Breidbach bis heute gehalten, wenn nicht verstärkt.
Von der regionalen Presse fühlen sich die Ausbaugegner im Stich gelassen. Die Enttäuschung über die „Pro-Schönefeld-Linie“ der ansässigen Zeitungen sitzt tief, so tief, dass innerhalb der Initiative auf Journalistenfragen höchst misstrauisch reagiert wird. Dabei sind sie selbst in ihrer Wortwahl alles andere als zimperlich. Der brandenburgischen Landesregierung warf der BVBB-Vorsitzende Breidbach in den vergangenen Tagen eine „verkommene Rechtskultur“ vor, „die einem totalitären Staat jede Ehre machen würde“.
Der Frust ist verständlich, die Standortfrage spielt in der Politik längst keine Rolle mehr. Dabei unterschätzen die Ausbaugegner einen Mechanismus, der sich verselbstständigt hat. Die politische Entscheidung für Schönefeld fiel vor zehn Jahren, im Jahr 1996, bis heute wurde ein dreistelliger Millionenbeitrag investiert. In den Ausbau in spe ist durch planerische, rechtliche und bauliche Vorbereitungen so viel Geld und Arbeit geflossen, dass er von den politisch Verantwortlichen nicht mehr gestoppt werden kann. Durchhalten, wen interessieren Fehler von gestern, heißt die Parole – gegen diese Haltung gehen die Ausbaugegner zu Recht auf die Barrikaden.
Denn diese Abwägung zu treffen ist nicht ihre Aufgabe. Sie haben schon früh auf die Vorteile anderer Standorte wie das brandenburgische Sperenberg oder Stendal im Norden Sachsen-Anhalts aufmerksam gemacht. Beide Orte liegen in dünner besiedelten Gebieten als Schönefeld. Deshalb hört die Führungsriege die Zuschreibung „Flughafengegner“ nicht gern. Gegen einen Flughafen aus Prinzip sind sie nicht. Nur wollen tausende AnwohnerInnen – viele im Besitz eines Häuschens – keinen Großflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) vor der eigenen Tür. Konsequent ist dabei nur, dass sie sich auch dafür stark machen, Tegel und Tempelhof so bald wie möglich zu schließen.
Ihre Argumente haben sie rege und professionell organisiert in die Diskussion geworfen: Der Fluglärm Schönefelds treffe 70.000 EinwohnerInnen der 18 Umlandgemeinden direkt, hinzu kämen 100.000 Erholungssuchende im Südosten und Süden Berlins – mitsamt sämtlichen gesundheitsschädlichen Folgen. Die Initiative kritisierte juristische und finanzielle Pannen, vor denen die Schönefeld-Historie nur so strotzt, sie prangerte die Verseuchung eines Teichs mit dem Gift Dioxin an. Um Geld geht es auch: Mit einem Gutachten wollen die Ausbaugegner vor Gericht beweisen, dass die Immobilien der Umgebung einen Wertverlust von über 2 Milliarden Euro erleiden werden.
War der Bürgerverein bisher schon fleißig, startet er mit Beginn der Verhandlung in die Zielgerade – und mobilisiert seine Mitglieder. Einen Busdienst nach Leipzig haben die Vereinschefs längst organisiert (siehe Spalte).
ULRICH SCHULTE