: Es darf wieder getanzt werden
WAHLKAMPF Auf ihrem Parteitag in Dresden übt sich die Linkspartei in ungewohnter Harmonie. Lafontaines Antrag, die Eurozone aufzulösen, findet keine Mehrheit. Hauptgegner der Partei ist aber immer noch die SPD
AUS DRESDEN STEFAN REINECKE
Am Freitag passierte auf dem Parteitag der Linkspartei in Dresden etwas Überraschendes: Der Tanzabend fand statt. Eine kubanische Salsaband spielte, die GenossInnen tranken Bier und schauten in lauer Sommernacht auf die Elbe. Der Tanzabend steht bei jedem Parteitag auf dem Programm. Doch oft verhakten sich die verfeindeten Flügel in langwierigen Debatten – eine zeitraubende Sache, deren erstes Opfer dann stets der Tanzabend wurde.
In Dresden gab es dagegen kaum Kontroversen. Inhaltlich zieht die Partei mit dem bekannten linkssozialdemokratischen Forderungskatalog in den Wahlkampf. „100 % sozial“ steht in riesigen Lettern an der Wand.
In einer mit freundlichem Beifall bedachten Rede wiederholt Parteichef Bernd Riexinger, was die Partei will: Millionäre sollen massiv besteuert werden, um Hartz IV zu erhöhen und eine Mindestrente von 1.050 Euro zu finanzieren; ein Mindestlohn von 10 Euro soll das Lohndumping stoppen. Radikale Umverteilung plus eine generelles Nein zu allen Auslandeinsätzen der Bundeswehr, so die Quintessenz.
Zentraler Gegner der Linkspartei scheint im Wahlkampf nicht Angela Merkel oder die Union zu sein. Vielmehr setzt es rhetorische Hiebe auf Peer Steinbrück, der, so Riexinger, „für die Millionäre den Kasper“ mache. Bei Riexingers Vorgänger Klaus Ernst klangen diese Attacken zwar noch schriller. Doch dass sich die Linkspartei noch immer wie selbstverständlich eher an der SPD als an Schwarz-Gelb abarbeitet und diese unter Feuer nimmt, steht in Widerspruch zum Statement von Rico Gebhardt. Der Fraktionschef der sächsischen Linkspartei ließ anklingen, was die Partei in Sachsen 2014 erhofft: eine rot-rot-grüne Landesregierung. Es ist das ungelöste Paradox der Linkspartei, dass ihr die SPD gleichzeitig als natürlicher Koalitionspartner und Hauptfeind gilt.
Intern ist die Linkspartei beruhigt. Nach dem Parteitag in Göttingen 2012, als Oskar Lafontaine und Gregor Gysi (Parteispott: „Gott 1 und Gott 2“) sich rhetorisch duellierten, ist der Flügelstreit aus den Schlagzeilen verschwunden. Zudem steht die Bundestagswahl vor der Tür. Das diszipliniert. Auch dass Lafontaine, der im internen Zwist oft wie ein Brandbeschleuniger wirkte, bundespolitisch keine Rolle mehr spielt, befördert die Entspannung. Lafontaine fordert am Rande des Parteitages zwar provokant die Auflösung des Euro und die Rückkehr zum EWS-System, doch vergeblich. Die zaghaften Versuche des linken Flügels, mehr von Lafontaines Euroskepsis im Wahlprogramm zu fixieren, scheiterte an einer Zweidrittelmehrheit der Delegierten – und an einer scharfen Intervention von Bernd Riexinger gegen DM-Nostalgie. Auch Parteichefin Katja Kipping sagt: „Die Linke ist nicht für den Austritt aus dem Euro. Wir wollen nicht zurück zur D-Mark.“ Lafontaine war da schon abgereist. Der Versuch, die Partei von außen auf Antieurokurs zu bringen, war gescheitert. Er hat nur noch die ganz Treuen um sich – und nicht mehr die gesamte Westlinke.