Der personifizierte Atomfilz

Bruno Thomauske hat Physik studiert und Karriere gemacht – als Spezialist für Kern-Energie: Zunächst hat er beim Bundesamt für Strahlenschutz Zwischenlager genehmigt. Jetzt verdient er Geld als Geschäftsführer ihres Betreibers

Deutschland benötigt ein Endlager für hochradioaktive Abfälle, zumal die Erkundung des Salzstocks im niedersächsischen Gorleben müsse „zügig fortgesetzt“ werden. Das forderte am Mittwoch der „technische Geschäftsführer“ und Strahlenschutz-Verantwortliche der Vattenfall Europe Nuclear Energy (VENE), Bruno Thomauske.

VENE bündelt die Atomkraft-Aktivitäten beim Energiemulti und betreibt mit E.on die norddeutschen AKW Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel sowie den stillgelegten Meiler in Stade. Geschäftsführer Bruno Thomauske, der sich am Rande der Präsentation von Schleswig-Holsteins erstem Zwischenlager in Brunsbüttel für den Endlagerstandort Gorleben ins Zeug legte, ist kein Unbekannter: „Dass ausgerechnet Thomauske diese Forderungen erhebt“, sei „ein Skandal“, der die Verfilzung von Atomindustrie und Genehmigungsbehörde „drastisch“ aufzeige, schimpfte gestern die Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg. Hintergrund: Vor seinem Job bei Vattenfall war der Physiker, Jahrgang 1949, in leitender Position beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) tätig – 20 Jahre lang. Er trieb die Erkundung des Salzstocks Gorleben voran, übernahm später die Verantwortung für die Endlager-Projekte Schacht Konrad und Morsleben. Zuletzt war er für die Genehmigung der Castor-Transporte zuständig.

„Thomauske war“, so das atomkritische Bündnis Neckarwestheim, „für Umweltminister Trittin der Frontmann im Durchsetzen der Genehmigungen.“ Mit den dezentralen Zwischenlagern auf den AKW-Grundstücken wollte die rot-grüne Bundesregierung die Wiederaufbereitung deutschen Atommülls im Ausland stoppen und die Zahl der Castor-Transporte reduzieren. Thomauske reiste kreuz und quer durch die Republik und leitete die atomrechtlichen Anhörungen. Er diskutierte, erörterte – und genehmigte. Befürchtungen – etwa, dass die Zwischenlager gegen Flugzeugabstürze nicht gesichert seien – wischten er und seine Mitstreiter stets vom Tisch. Alle beantragten Zwischenlager – einschließlich Brunsbüttel und Krümmel – wurden erlaubt.

Im Herbst 2003 wechselte Thomauske zu Vattenfall. Wie lange er dort schon unter Vertrag steht, ist indes unklar: Das BfS ließ damals verlauten, nach Bekanntwerden seines Wechsels sei Thomauske in der Behörde mit anderen Aufgaben betraut worden. „Bruno Thomauske feiert in Brunsbüttel sein selbst genehmigtes Zwischenlager“, sagte gestern Francis Althoff von der BI und forderte, sämtliche unter Thomauskes Federführung erteilten Genehmigungen zu überprüfen. Laut BfS ist das längst geschehen. Die Stabsstelle „Innenrevision/Korruptionsprävention“ habe die Unterlagen der Genehmigungsverfahren auf seine Einflussnahme zum Vorteil von Vattenfall überprüft. Hinweise auf eine unzulässige Einflussnahme hätten sich nicht ergeben. Reimar Paul