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Archiv-Artikel

Das alte Lied Tarifkonflikt

Lohnstreit der Metallbranche verläuft nach bekanntem Muster: Auch im Bezirk Küste wurde die erste Verhandlungsrunde gestern abgebrochen. Ab April drohen Streiks, Würstchen sind schon bestelltVon Kai Schöneberg

Es ist gar nicht wegen der Chinesen. Auch in Großbritannien liegen die Arbeitskosten um 45, in Italien um 60 Prozent unter denen in Westdeutschland. Deshalb finden die Bosse der Metall- und Elektrobranche die Forderungen der IG Metall in der gerade begonnenen Tarifrunde wie „Öl ins Feuer gießen“. So drückte sich gestern jedenfalls der Verhandlungsführer der Arbeitgeber im Norden, Ingo Kramer, aus. Weil beim Geld nicht nur die Stahlbarone, Reeder und Mittelständler, sondern auch die 150.000 Malocher des Bezirks zwischen Stralsund und Emden wenig zimperlich sind, endete die erste Runde der Verhandlungen nach nur knapp zwei Stunden Muskelspielen.

Beim gerade bundesweit angelaufenen Tarifpoker in der so zentralen Branche grüßt jetzt fast täglich das Metaller-Murmeltier. Die Inszenierung ist abgekartet: Sie werden drohen, sie werden stöhnen. Am Ende werden übernächtigte Verhandler vor den Kameras von „gerade noch tragbaren Kompromissen“ jammern.

Ab April dürfte es dann Warnstreiks geben. Ende März läuft nicht nur die Friedenspflicht ab, der laufende Tarifkrach im öffentlichen Dienst dürfte den Metallern Mut gemacht haben: Allein in der Region Hannover soll es in den vergangenen Wochen 1.000 Neueintritte bei Verdi gegeben haben.

“Die haben schon Würstchen und Kartoffelsalat für die Warnstreiks bestellt“, ärgert sich Dietrich Kröncke, Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall. „Das schmeckt doch gut“, sagt Metaller-Bezirksfürst Hartmut Meine trotzig. Am Dienstag startet dann auch im Bezirk Niedersachsen-Sachsen-Anhalt mit seinen 80.000 Beschäftigten die erste Verhandlungsrunde. Das Ergebnis kann man sich denken: Siehe oben.

Während die Arbeitgeber Lohnsteigerungen in Höhe von 1,2 Prozent angedeutet haben, wollen die Gewerkschaften fünf Prozent mehr. „Illusionär“, sagen die Bosse. Das werde den Trend zur Job-Verlagerung Richtung Osteuropa und Asien anheizen. Die Metaller kontern, der Schluck aus der Pulle sei notwendig, um die Inflation auszugleichen, ein bisschen am Produktivitätsfortschritt teilzuhaben und endlich die Kaufkraft zu stärken. „Wir sind zum 12. Mal Exportweltmeister und damit sehr wohl wettbewerbstauglich“, sagte IG-Metall-Küsten-Chefin Jutta Blankau. Der Anteil der Lohnkosten liegt in der hochtechnisierten Branche bei unter 20 Prozent.

Als viel zu „bürokratisch“ geißeln die Arbeitgeber auch die „Besser statt billiger“-Kampagne der IG Metall. Sie will tarifvertraglich Qualifizierung für die Beschäftigten und Innovationspläne für die Firma festlegen. Es liege „doch im ureigensten Interesse der Unternehmer, qualifizierte Mitarbeiter und innovative Produkte zu haben“, sagt Walter Fricke von Niedersachsen-Metall. Die Arbeitgeber wollen eine „kostenneutrale“ Lohnrunde, längere Arbeitszeiten und mehr Öffnungsmöglichkeiten beim Flächentarif. Motto: „Besser befristet beschäftigt als unbefristet in Nürnberg.“

Wie gegensätzlich die Meinungen sind, zeigte sich bereits am Mittwoch, bei der - natürlich abgebrochenen - Tarifrunde in der Region Osnabrück-Emsland. Beim Cabrio-Bauer Karmann stehen derzeit 1.000 Jobs auf der Kippe. Während die Arbeitgeber argumentieren, dass höhere Löhne den Druck auf Karmann weiter erhöhen würden, meinen die IG Metaller, die Krise liege allein daran, dass der in Osnabrück produzierte Chrysler Crossfire nicht läuft - also am Management.