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Archiv-Artikel

Pastoren liefen mit

Zehn Bremer Pastoren wurden als „Mitläufer“ der Nazis eingestuft. Landesbischof Weidemann sollte vier Jahre Arbeitslager bekommen – er wurde begnadigt

(...) Ihren Beitritt zur NSDAP erklärten die Pastoren u.a. mit den ‘sozialen Zielen‘ der Partei. Der Pfarrer der Oslebshauser Strafanstalt, Fritz Krüger, betonte, dass er – „auf dem Boden des religiösen Sozialismus stehend“ – den „sozialen Versprechungen des Nationalsozialismus“ vertraut habe. Seit 1933 in der NSDAP, dort Ortsgruppenpressewart, und dem NSV und seit 1933 Mitglied der „Deutschen Christen“ wurde er als „Mitläufer“ eingestuft. (...) Der Beamtenausschuss der Strafanstalt hatte „starke Bedenken“ gegenüber Krüger. Die Aussage eines ehemaligen Gefangenen der Strafanstalt belastete ihn schwer. Krüger habe die Gefangenen klassifizieren müssen, wobei er bei allen politischen Gefangenen auf der Karteikarte „asozial“ vermerkt habe. Wörtlich habe er erklärt: „Was wollen Sie, zuerst einmal bin ich Beamter und dann erst Pfarrer. Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass der Führer durchaus im Recht ist, wenn er politische Gegner als asozial bezeichnet.“ Krüger bestritt die Vorwürfe.

Ein anderer „Mitläufer“ unter den Pastoren war Wilhelm Köper. Auch er war seit 1933 in der NSDAP, gehörte seit dieser Zeit der SA (dort Rottenführer) und den „Deutschen Christen“ an. Seine Gemeinde vor 1940 in Hastedt setzte sich ebenso für ihn ein, wie seine neue Gemeinde in Wasserhorst. Letztere legte eine Eingabe vor, die insofern von zweifelhaftem Wert war, als nicht wenige der Unterzeichner selber „Mitläufer“ waren wie die Landwirte in Niederblockland Garbade und Gartelmann. (...)

Am 26. April 1946 entschied der Prüfungsausschuss der bremischen evangelischen Kirche, Pastor Rudolf Collmar sei untragbar. Er sei einer „der stärksten Gefolgsleute von Weidemann“ gewesen. Collmar gehörte seit 1919 einem Freikorps an, schloss sich 1922 für drei Jahre der Deutsch-Völkischen Freiheitsbewegung an, war seit 1937 in der NSDAP.

Einzig der frühere Landesbischof Heinrich Weidemann wurde höher als alle anderen Kirchenvertreter eingestuft. Der Öffentliche Kläger sah in Weidemann einen „Hauptschuldigen“. Neben der NSDAP-Mitgliedschaft ab 1933 und der Führerschaft der Bremer „Deutschen Christen“ warf er ihm vor, „in der Zusammenarbeit mit dem Kirchenreferat der Gestapo [...] Gegner der NSDAP [denunziert] und deren Inhaftnahmen“ veranlasst zu haben. (...)

(Weidemann rechtfertigte) seinen Antisemitismus mit lutherischen Wurzeln: „Ich stamme aus Hannover, wo es Selbstverständlichkeit war, dass das Luthertum vom Staate abhängig war. [...] Ich darf sagen, dass ich das antijüdische als Gefolgsmann von Luther vertreten habe. Es liegt durchaus auf kirchlicher und religiöser Basis.“

Weidemann wurde als „Hauptschuldiger“ eingestuft und zu vier Jahren Arbeitslager verurteilt. (...) Einen Vorschlag Weidemanns, freiwillig als Ausgleich für die nichtangetretene Arbeitslagerhaft 5.000 DM zu bezahlen, lehnten sowohl Justizsenator Theodor Spitta als auch Bürgermeister Wilhelm Kaisen ab. 1952 wurde er begnadigt und zum „Mitläufer“ zurückgestuft.