: Sorglos-Kredit killt Bafög
Studentenwerke und Studierende warnen vor Nebenwirkungen des neuen Studienkredits. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau könnte der Studienförderung Bafög das Wasser abgraben
VON CIGDEM AKYOL
Die neuen Studienkredite sind bereits ab April für Studierende zu haben. Aber studentennahe Verbände und Organisationen warnen bereits vor dem Angebot, das allen jüngeren Studierenden Zugang zu einer unbürokratischen Studienfinanzierung bietet. „Wir raten den Studierenden, genau zu prüfen, ob ein Bildungskredit wirklich nötig ist und wie hoch er sein soll“, rät etwa Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes. Das Bildungsministerium hatte der früheren Kreditanstalt für Wiederaufbau, jetzt KfW, die Erteilung von Bildungskrediten mit einem Genehmigungsschreiben erteilt.
Das Studiendarlehen-Modell richtet sich an alle Studenten, die ihre Ausbildung nicht über ihre Eltern finanzieren können. Die KfW bietet dagegen bis zu 650 Euro monatlich – bei 5,9 Prozent Zinsen. Die Vergabe des Kredits ist unabhängig von dem Studiengang. Ethnologiestudenten haben die gleichen Chancen auf ein Darlehen wie Studenten der Volkswirtschaft. Der Kredit wird bis zu 14 Semester gewährt, einzige Bedingung: Zum Zeitpunkt des Finanzierungsprogramms darf der Studierende nicht älter als 30 sein.
Bundesbildungsministerin Annette Schavan sprach sibyllinisch von der „Erschließung eines funktionierenden Marktes der Bildungsfinanzierung“. Das bedeutet verklausuliert das alte Ziel der Union: das zinsfreie Bafög durch die zinsträchtigen Studienkredite der KfW zu ersetzen. Einen sozialen Ausgleich bieten diese Kredite nicht. Im Gegensatz zum staatlichen Bafög gibt es keinen Zuschussanteil. Beim Bafög dagegen ist die Schuldenlast auf 10.000 Euro beschränkt. Die Rückzahlung der KfW-Kredite bewegt sich, je nach Darlehenshöhe und Rückzahlungsdauer, zwischen 16.000 Euro und bis zu 80.000 Euro.
„Studiendarlehen können den zusätzlichen finanziellen Bedarf decken, aber kein ganzes Studium“, sagt auf der Heyde der taz. Er lehnt das Angebot der KfW nicht ab, aber ein Studium dürfe nicht nur mit einem Kredit finanziert werden. „Das Bafög ist unersetzbar“, sagte auf der Heyde. Allerdings: Die Studentenwerke prüfen noch, ob sie selbst mit der KfW zusammenarbeiten und eventuell selbst Vertriebspartner werden. Das hieße, dass man auf jedem Campus beim Studentenwerk den 650-Euro-Kredit beantragen könnte.
Das KfW-Finanzierungsmodell sollte eigentlich schon zum Wintersemester 2005/2006 starten. Die alte rot-grüne Koalition jedoch lehnte das KfW-Modell ab und das Thema wurde aus dem Bundestagswahlkampf herausgehalten. Die SPD hatte Sorge, dass der Kredit von den Studierenden zur Finanzierung der angekündigten Studiengebühren verwendet werden könnte.
Jetzt aber haben sich die KritikerInnen innerhalb der SPD-Fraktion offenbar beruhigen lassen. Nicolette Kressl, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, bestätigt, dass das Kreditprogramm im April starten werde.
„Wir sind uns einig, dass das KfW-Programm nicht Kredite zur Finanzierung von Studiengebühren umfassen darf“, sagt Kressl. Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, wer gewährleisten soll, dass das KfW-Programm nicht „zweckentfremdet“ wird – also Studiengebühren finanziert. „Aber sollen wir deswegen ein attraktives Angebot vom Markt nehmen?“, fragt die stellvertretende Fraktionschefin.
„Kredit bleibt Kredit“, krisiert Christian Berg vom freien zusammenschluss der studierendenschaften. Er prangert an, dass Studierende sich verschulden müssen, um studieren zu können. Der Studienkredit klinge nur auf den ersten Blick verführerisch. „Er ist aber politisch der Einstieg in den Ausstieg aus dem zinsfreien Bafög.“