: „Es war kein großer Wurf“
Achim Frenz, Leiter des Frankfurter Karikaturmuseums, versteht den Streit um die Mohammed-Karikaturen einfach nicht
INTERVIEW ARNO FRANK
taz: Herr Frenz, Sie beschäftigen sich weder als Zeichner noch als Publizist, sondern als Kurator mit Karikaturen.
Achim Frenz: Na ja, im Moment kommt man ja zu gar nichts mehr.
Sie werden mit dem Satz zitiert, man dürfe „diese wahnsinnigen Brandstifter nicht ernst nehmen“.
Ich verstehe nicht, was da los ist in den Städten im arabischen Raum. Ich vermute, dass die nicht einmal wissen, wie die Karikaturen aussehen. Mein Vorwurf ist, dass da trotzdem ein solcher Wahnsinn vom Zaun gebrochen wird.
Sie haben kein Verständnis dafür?
Es ist einfach unverhältnismäßig, dass eine komische Zeichnung solche Auswirkungen hat.
Sie empfinden es also nicht als Brandstiftung, die umstrittenen Karikaturen abzudrucken? Es heißt ja, da würde „Öl ins Feuer gegossen“.
Bei Karikaturisten ist es halt so, dass sie per se beleidigen. Das ist eben ihre Aufgabe: Sie machen nichts anderes, als zu überspitzen, zu überzeichnen.
In Ihrem Buch „Unsern täglichen Witz gib uns heute“ zum evangelischen Kirchentag in Frankfurt 2001 haben Sie geschrieben: „Wenn’s um Gott und die Welt geht, fängt’s eben erst an, richtig lustig zu werden.“ Würden Sie das heute so stehen lassen?
Ja.
Weil es Angehörige einer anderen Religion sind, die momentan eher unlustig reagieren?
Ach so, nein. Meine Haltung zur Religion ist sowieso eine gespaltene. Ich bin da ganz objektiv.
Also fängt es jetzt für Sie an, richtig lustig zu werden?
Da sollte man überhaupt mal genau hingucken, dann fallen einem schon komische Sachen auf, ja.
Fanden Sie die dänischen Karikaturen denn komisch?
Ich kenne die zum Teil gar nicht. Ich kenne jetzt nur diese eine, mit der Bombe im Hut. Ich würde die jetzt nicht als einen großen Wurf bezeichnen. Aber wenn’s den Karikaturisten treibt, das so auszudrücken, dann soll er’s tun. Das ist sein Beruf.
Wenn Satire ein Kind der Aufklärung ist, sind dann islamische Gesellschaften nicht aufgeklärt genug?
Auf diese Idee könnte man kommen. Aber wir haben da auch andere Erfahrungen gemacht. Wir haben damals in unserer Galerie in Kassel Gerhard Haderer gezeigt …
Der Jesus als Kiffer darstellte …
Und da gab’s dann eine Bombendrohung. Von Christen. Es musste die Eröffnung verschoben werden, und es kamen Bundesgrenzschutzbeamte mit Hunden und haben unsere Galerie nach Bomben durchsucht. Es tut mir Leid, aber das kann ich alles nicht nachvollziehen, das gilt für Muslime wie für Christen.
Von Robert Gernhardt stammt der Satz, dass der Islam für Satire hierzulande kein Thema sei, weil er eben kein Teil unserer Kultur ist.
Das ist die Meinung von Robert Gernhardt. Es muss jeder für sich selbst entscheiden, woran er sich abarbeitet. Bestimmte Sachen, die einem nicht gefallen, und sei es der Islam, die kann man aber durchaus in einer Karikatur wiedergeben – wenn man will, dass es in unserem Kulturkreis etwas bewirkt.
Wo hört denn der Spaß auf?
Auf dieser Suche sind wir eigentlich immer, dass wir versuchen auszuloten, wie weit man gehen kann. Aber da gibt es keine Formeln, die für alle gelten. Man sollte die Schere nicht im Kopf haben.
Und das gilt auch für den Holocaust? Im Iran werden jetzt Karikaturisten ermuntert, dazu Karikaturen zu zeichnen.
Tja, ich bin mal sehr gespannt auf diese Zeichnungen. Möchte mal wissen, wie die aussehen. Das soll man erst mal machen, mal gucken. Und dann kann man weiter darüber streiten.