: Der Altlastenausgleich
Die SPD wirft der Landesregierung vor, mit ihrer Kohlepolitik gescheitert zu sein. Die muss sich womöglich entscheiden, was ihr wichtiger ist: Subventionsabbau oder der Börsengang der RAG
VON DIRK ECKERT
Sie waren einst angetreten, die Subventionierung des Kohlebergbaus zu beenden und mit dem eingesparten Geld aus Nordrhein-Westfalen ein Land der Zukunftstechnologien zu machen. Doch inzwischen wird immer deutlicher, dass CDU und FDP damit gescheitert sind – meint jedenfalls die SPD. Ihr Fraktionsvize Axel Horstmann forderte die Landesregierung gestern auf, ihre Kohlepolitik neu zu ordnen.
Es sind der geplante Börsengang der RAG sowie die Beratertätigkeiten von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und vor allem CDU-Politiker Friedrich Merz für den Essener Energie- und Chemiekonzern, die die Landesregierung ins Schwimmen bringt. Mit den beiden Politikern hat sich RAG-Chef Werner Müller zwei prominente Parteivertreter als Unterstützer gesichert. Merz falle damit seiner Landespartei in den Rücken, urteilten die NRW-Grünen. Außer den Liberalen rede nur noch Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) öffentlich darüber, aus den Kohlesubventionen auszusteigen, spottete SPD-Fraktionsvize Horstmann. Die Reduzierung der Subventionen um 750 Millionen Euro bis 2010 sei nicht mehr zu erreichen. Der NRW-FDP warf er vor, den geplanten RAG-Börsengang zu gefährden.
Tatsächlich scheinen sich insbesondere die Liberalen bald entscheiden zu müssen – zwischen dem Abbau der Steinkohlesubventionen, den sie lautstark fordern, und dem geplanten Börsengang der RAG. Diesem muss die Politik zustimmen, schließlich wird die Steinkohleproduktion vom Steuerzahler teuer subventioniert. Die RAG drängt auf eine Entscheidung, gegenüber der FDP geht sie zunehmend auf Konfrontationskurs. „Ein Ausstiegskonzept wird es mit uns nicht geben“, stellte ein Unternehmenssprecher klar. Nicht ohne im selben Atemzug darauf hinzuweisen, dass der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle den Börsengang begrüßt.
Die schwarz-gelbe Landesregierung sorgt sich vor allem darum, wer die Altlasten des Bergbaus trägt. Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) macht die Genehmigung des Börsengangs bislang davon abhängig. RAG-Chef Werner Müller will alle Folgekosten, die der Bergbau nach sich ziehen wird, an den Staat abtreten, um sein Unternehmen börsentauglich zu machen. Geplant ist, eine Stiftung einzurichten, die diese so genannten Ewigkeitskosten übernimmt. Finanziert werden soll diese aus den Erlösen, die der Börsengang einbringt.
Mit der Stiftung wäre die RAG auf einen Schlag alle Risiken los, für die dann die Allgemeinheit aufkommen müsste, wenn das Stiftungskapital nicht reicht. Zu den Ewigkeitskosten gehören zum Beispiel Bergbaurenten, Wasserhaltung und Bergschäden. Finanziell dürfe „gegenüber dem Status quo keine nachteilige Veränderung eintreten“, sagte Wirtschaftsministerin Thoben. Es dürfe keine Deckungslücke zwischen den heutigen Rückstellungen und den tatsächlich zu erwartenden Kosten entstehen.
„Die Risiken für den Steuerzahler sollten gegen Null tendieren“, fordert Heiner Cloesges vom Bund der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen. Zwar sei es zu begrüßen, wenn der Steinkohlebergbau durch den Börsengang finanziert wird. Die RAG dürfe aber nicht Gewinne machen und den Steuerzahlern „die Risiken ans Bein binden“.