am po
: Dopingfahndung

Es passieren schlimme Dinge, hoch droben in Pragelato. Abseits der Loipen lauern sinistre Gestalten und zerren Athleten ins Unterholz. „Die hüpfen aus Büschen raus, schnappen deine Akkreditierung und ziehen dich gleich mit“, behauptet Markus Gandler, Sportdirektor im österreichischen Olympiateam. Einmal im Gebüsch, würden den Sportlern Körpersäfte abgezapft – zur Dopingkontrolle. Nicht das einzige merkwürdige Szenario, von dem berichtet wird: Einmal wurde Hermann Maier, Austrias Alpiner, angeblich von Fans heimgesucht, ein andermal outete sich ein vermeintlicher Journalist beim österreichischen Kombinierer Mario Stecher als Dopingkontrolleur. Dann wurde der US-Abfahrer Steven Nyman noch im Fernsehstudio zur Probe gebeten. Und am Montagabend holten Kontrolleure den Olympiasieger in der Kombination, Georg Hettich, nach 22 Uhr aus dem Bett.

Den Sportlern passt das nicht, den Funktionären schon gar nicht. Sie wettern gegen die Methoden des Internationalen Olympischen Konitees. „Wie sie es machen, ist gegen die Menschenrechte“, poltert Österreichs Mannschaftsarzt der Alpinen, Wulf Gloetzer. Dabei macht das IOC nur seinen Job. Und dazu gehört das Aufspüren von Dopern. Die Oberolympier wollen sich nicht mehr an der Nase herumführen lassen von den Sportprofis, die nachgewiesen haben, dass sie sich aufs Foppen verstehen: Athletinnen ließen etwa Urin aus einem Tütchen, das sie sich in die Scheide eingeführt hatten, ins Glas tropfen; oder Athleten pullerten aus einem Plastikpenis, der einem Original verblüffend ähnlich sah.

Deswegen forderte Wada-Chef Richard Pound kriminalistisches Gespür: „Wir müssen die Methoden der Polizei übernehmen“, sagte der Kanadier vor den Spielen. Dazu gehören auch verdeckte Informanten. Pound: „Eine gute Information kann uns tausende von Dollars für Nachforschungen einsparen.“ Diese Verschärfung hat der Doping-Aufklärer Werner Franke schon länger gefordert. „Die Kontrolleure müssten einreisen wie Touristen, nicht als Offizielle. Warum hat denn der deutsche Dopingfahnder Klaus Wengoborski so viele erwischt, Katrin Krabbe etwa? Man muss kriminalistisch vorgehen. Wengoborski war vorher Kriminalinspektor. Aber die meisten Kontrolleure kommen aus den Kumpelkreisen des Sports“, sagte er im Jahre 2004.

In Turin werden 1.200 Tests genommen, weit mehr als bei den Winterspielen in Salt Lake City. Das IOC hat in Turin eigens ein provisorisches Labor eingerichtet. Dr. Francesco Botré stehen 45 Mitarbeiter zur Seite. Einmal wurden sie bereits fündig. Der brasilianische Bobfahrer Armando dos Santos, ein ehemaliger Hammerwerfer, wurde positiv auf das anabole Steroid Nandrolon getestet. MARKUS VÖLKER