: Wenn der Schleifer kommt
SCHNIBBELN Kochen ohne ein gutes Messer ist kaum denkbar. taz-Koch Christoph Esser über Superschärfe, Holzabrieb und Verletzungsgefahren
Christoph Esser, taz-Koch
INTERVIEW STEFFI UNSLEBER
sonntaz: Christoph, du bist Koch. Hast du ein Lieblingsmesser?
Christoph Esser: Sicher. Ich habe mich in mein großes Wellenschliff-Messer verguckt. Damit kann ich alles schneiden, auch weicheres Gemüse wie Paprika oder Tomaten. Ich habe auch ein Messer mit glattem Schliff, aber das muss schon sehr, sehr scharf sein, dass das gut greift. Und bei Laienköchen zu Hause ist das normalerweise nicht der Fall. Aber für Kräuter eignet sich das gut.
Was ist besser – groß oder klein?
Manche Leute fürchten sich ja vor großen Messern. Aber ich empfehle sie. Großes Messer, großes Brettchen. Das lohnt sich vor allem bei größeren Mengen – man kann einfach schneller schneiden.
Wie geht das am besten?
Du stellt die Finger hoch auf und legst das Messer an, dann kann eigentlich nichts passieren. Wichtig sind fließenden Bewegungen und dass man nicht drückt, sondern wirklich schneidet. Schnittlauchröllchen, scharf geschnitten, halten sich im Kühlschrank zwei Tage. Aber zerdrückt sind sie nach ein paar Stunden Matsch.
Wer macht die besseren Messer: Japan oder Solingen?
Die deutschen Messer aus Stahl sind sehr hochwertig, aber schwer zu schleifen. Die japanischen Messer sind traditionell nicht rostfrei, deshalb muss man sie immer nach dem Benutzen einölen. Der Vorteil ist: Sie lassen sich viel leichter schleifen und sind dadurch superscharf. Deshalb ist das praktisch für Laienköche.
Und wie viel sollte ein gutes Messer kosten?
Das hängt von der Größe ab. So ein großes Kochmesser – mindestens sechzig Euro. Alles drunter hat normalerweise einen Haken. Bei Karstadt gibt es ja manchmal so Angebote – fünfzehn Euro für ein labbeliges Messer. Kauf das bloß nicht! Lieber ein gutes Messer suchen und dann im Internet ganz in Ruhe die Preise vergleichen. Zwilling ist zum Beispiel eine gute Marke, oder auch Dick.
Und wie bleiben Messer scharf?
Zum Beispiel mit dem Abziehstab: Man muss sich vorstellen, bei einem Ast die Rinde ganz fein abzuschälen. Mit dem Wellenschliff, das wissen viele nicht, geht das übrigens genauso gut. Es gibt auch japanische Schleifsteine, oder man lässt eben den Schleifer kommen. Bei einem großen Messer kostet das ungefähr zehn Euro. Bei uns kommt der Schleifer einmal im halben Jahr. Telefonisch können wir den nicht erreichen, er kommt einfach irgendwann vorbei.
Und die Unterlage?
Am besten ist ein schweres Holzbrett. Wir dürfen das in der Kantine leider nicht verwenden, wegen der Lebensmittelaufsicht. Die sagen, in den Schnittstellen sammeln sich Bakterien. Das müssen wir akzeptieren. Aber mir ist der Holzabrieb lieber als Plastikspäne. Das Holzbrettchen übrigens nicht mit Spüli oder Scheuermilch waschen, sondern nach dem Arbeiten nur gut mit Wasser abschrubben.
Und wie lagere ich die Messer am besten? Holzblock oder Schublade?
Beides nicht. In der Schublade werden die Messer stumpf und die schmalen Spalten im Holzblock bekommst du nicht sauber – da nisten dann Bakterien. Am besten geeignet ist eine Magnetleiste.
Christoph, hast du dich schon mal richtig geschnitten?
O ja. Es war schon spät und ich war in Eile. Ich habe über eine Schüssel Cellophan gezogen und wollte es abschneiden. Das war richtig kraftvoll – und ich habe meinen Finger erwischt. Man sieht die Kerbe heute noch. Ich denke da auch immer an einen japanischen Koch, der sich sein Thunfischmesser in den Bauch gerammt hat. Der musste dann ins Krankenhaus. In so einem Fall: Das Messer am besten stecken lassen.
■ Christoph Esser ist Koch im taz-Café in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße – der Betriebskantine der taz-Belegschaft. Er beantwortet hier einmal im Monat die Fragen der Leser (fragdenkoch@taz.de)
■ Nächste Woche schreibt Philipp Maußhardt über vergessene Rezepte