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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Grund zur Aufregung

■ betr.: „Erste Hilfe für Steuerzahler“, taz vom 28. 6. 13

Der Plan, Erspartes über 100.000 Euro zur Bankenrettung heranzuziehen, gibt durchaus Grund zur Aufregung! Von wegen, solche Sparer gibt es nicht! Ich denke, davon gibt es reichlich, und zwar auch jede Menge „ganz normale“! Meine Eltern zum Beispiel mussten ins Altersheim, alle beide. Es lässt sich überall nachlesen, was so etwas für Pflegestufe 1 und 3 zusammen kostet. Da das von ihrer Rente beim besten Willen nicht zu finanzieren ist, mussten sie dafür ihr Eigenheim verkaufen, das sie sich jahrelang sauer erspart hatten. Nun liegt das Geld bei der Sparkasse, Gott sei Dank noch über 100.00 Euro, damit es wenigstens für einige Jahre Zuzahlung im Altersheim reicht. Auch ich selbst bin sicherlich nicht die Einzige, die monatlich spart, damit zur laut Rentenbescheid spärlichen Rente später monatlich mal was dazugenommen werden kann. Altersvorsorge nennt man das. Wenn dazu dann noch eine Lebensversicherung (ca. 35 Jahre Einzahlungen) ausgezahlt wird, auch wenn sie gar nicht so groß ist, ist man schnell über 100.000 Euro, denn die möchte man dann in der Rentenzeit zur Verfügung haben.

Die Bankenrettungsplaner sollten sich bei all denen schadlos halten, die durch windige Geschäfte dazu beitragen, dass eine Bank in eine Schieflage gerät. Die Sparbuchbesitzer gehören absolut nicht dazu! Diese Bankenzocker würden im Leben nicht einen Gedanken daran verschwenden, meine Eltern bei ihren gewaltigen Kosten im Altersheim zu unterstützen. Warum sollen dann meine Eltern die Banker retten? MARION SCHENK, Dortmund

Gerichte fehlen

■ betr.: „Tod im Kinderheim“, taz vom 27. 6. 13

In dem Beitrag werden die Betreiberin des Heims, die Haasenburg GmbH, und die Behörden kritisiert. In dieser Aufzählung fehlen die zuständigen Gerichte. Die zwangsweise Unterbringung ist nur aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses zulässig. Eigentlich müsste das Gericht sich vorher informieren, wo das betreffende Kind untergebracht werden soll, und den jugendpsychologischen Sachverständigen beauftragen, diesen Gesichtspunkt in sein Gutachten mit einzubeziehen. Dann muss das Gericht seinen Beschluss in angemessenen Abständen überprüfen. Es hat ihn aufzuheben, wenn die Freiheitsentziehung nicht mehr zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Diese gerichtlichen Kontrollen haben offenbar nicht stattgefunden; sonst wäre den Gerichten kaum verborgen geblieben, dass die Kinder im Heim misshandelt werden. Das jeweils zuständige Gericht hätte sofort auf die Veränderung der Verhältnisse im Heim hinwirken oder seinen Beschluss über die Unterbringung aufheben müssen. CHRISTOPH STRECKER, Stuttgart

Ein Abderitenstreich

■ betr.: „Ein Gesetz – und 33 Leerstellen“, taz vom 29. 6. 13

Das Endlagersuchgesetz ist ein Abderitenstreich. Nun sollen – bis auf wenige Ausnahmen – nukleartechnische Ignoranten nach Einflüsterungen von Desinformanten der Atomlobby vorschlagen, wo das tiefe Loch für Atommüll gebuddelt wird. Gespannt darf man sein, welche Gutachter sich dafür hergeben, glaubhaft zu garantieren, dass ein Terrain für eine Million Jahre „sicher“ ist. Die Löcher von Gorleben (4 Milliarden Euro!), Hannover (25 Millionen Euro) oder Aachen (30 Millionen Euro) haben ja schon bewiesen, wie wenig treffsicher die Geologen sind. Welche Vertreter geben sich nun ohne Scham für den Ausschuss her, um auf ewig den Leib unserer Erde für alle Nachfahren mit Atommüll zu verseuchen und zu verstrahlen; denn Bewegungen der Erde und in der Erde können radioaktives Material trotz aller Gegenmaßnahmen wieder in die Biosphäre befördern und damit das Recht der Kinder und Enkel auf körperliche Unversehrtheit verletzen. Warum wird die oberirdische wissenschaftliche und wirtschaftliche Lösung mit sukzessiver Entstrahlung gar nicht diskutiert, sondern unterdrückt? WALTER DARGE, Celle

„Chinese New“

■ betr.: „Washington will verlorenen Boden gutmachen“,taz vom 28. 6. 13

Im März/April 2013 verbrachte ich fünf Wochen als „Senior Expert“ in Addis Abeba. Chinas Engagement ist auf Schritt und Tritt und wahrscheinlich auf allen Ebenen erkennbar. Der Markt für technische Gerätschaften aller Art – vom kleinsten Elektrogerät bis zum Lkw – befindet sich in überwiegend chinesischer Hand, in manchen Bereichen scheinen die 100 Prozent erreicht. Praktisch jedes größere Bauprojekt läuft unter chinesischer Regie oder Beteiligung. Angeblich befinden sich 500.000 Chinesen in Äthiopien, das war für mich nicht nachprüfbar, aber sie sind in Form von großen Industrieparks und als Gruppen in der Öffentlichkeit nicht zu übersehen. Dabei sind die Äthiopier sehr unsicher: Einerseits wissen sie die chinesischen Aktivitäten zu schätzen, andererseits vermuten sie, dass China Gegenleistungen erwartet – und sie wissen nicht genau, was da auf sie zukommt. Die Qualität der chinesischen Erzeugnisse wird aber als sehr gering eingeschätzt, viele vermuten, dass China relativ gute Qualität nach Europa und in die USA liefert, aber Afrika mit Schrott und dritter Wahl abspeist. Immerhin gibt es umgangssprachlich den Begriff „chinese new“: Damit wird der Zustand beschrieben, dass zum Beispiel in einem vermeintlich hochwertigen Hotelbau in der Nähe des Flughafens nach kurzer Zeit (einige Wochen) die Steckdosen aus der Wand hängen und die pompösen Ledersessel in einem der Konferenzräume fast ohne Ausnahme beängstigend wackeln.

ERWIN BOSAK, Schorndorf