KOMMENTAR: SVEN-MICHAEL VEIT ÜBER DEN KLIMAWANDEL IM NORDEN
: Hilferufe aus der Wasserwüste

Den Blick über den Deich gibt es im Strandhotel nur noch ab dem fünften Stock

Alles wäre viel einfacher, wenn Kohlendioxid sichtbar wäre. Zum Beispiel als große schwarze Wolke, die im Berufsverkehr über den Hauptstraßen läge. Oder beim Heizen aus den Hauswänden sickern würde. Doch CO2 ist unsichtbar und geruchslos. Und es ist da. Überall.

Wäre es anders, blieben uns viele unsägliche Debatten erspart – etwa die über die Umweltzone in Hannover, wo ein ewig gestriger FDP-Umweltminister sich für die Rettung des Bleifußes ins Zeug legt. Hinzu kommt, dass viele Menschen immer noch Klima und Wetter verwechseln. Zur Klarstellung: Zwei Monate Schnee im Norden sind kein Indiz gegen den Klimawandel. Der Januar war dennoch weltweit der zweitwärmste seit 1880.

Für Norddeutschland halten die Klimaprognosen zwei unschöne Vorhersagen bereit. Erstens: Es wird heißer und trockener – und das heißt nicht einen Monat länger Latte Macchiato im Straßencafé. Es bedeutet mehr warme Nächte, mehr Dürreperioden, mehr Starkregen, mehr Orkane. Es bedeutet mehr ökologische Schäden.

Zweitens: Der Meeresspiegel steigt. In 100 Jahren wird das Weltnaturerbe Wattenmeer samt Halligen vermutlich Nordseeboden sein, und den Blick über den Deich gibt es im Strandhotel nur noch ab dem fünften Stock.

Gegenmittel müssen jetzt her. Die Zukunft sind sonst Hilferufe aus der Wasserwüste.