: Knollen für die Ewigkeit
Der Konzern BASF plant neue Freiland-Versuche mit gentechnisch veränderten Speisekartoffeln in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Einwände haben wenig Aussichten auf Erfolg
von Ewelina Benbenek
Auch gentechnisch veränderte Speisekartoffeln will BASF jetzt im Freilandversuch in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern anpflanzen. Umweltverbände wollen dagegen protestieren. Bis zum 20. April haben sie Zeit, beim Bundesamt für Verbraucherschutz oder den betroffenen Kreisverwaltungen Widerspruch gegen die Pläne einzulegen – allerdings mit wenig Aussicht auf Erfolg.
Schon im vergangenen Jahr hat das Unternehmen mit seinen Kartoffel-Experimenten unter freiem Himmel begonnen. Ziel dieser Versuche war es, die Qualität der Stärke in den Kartoffeln so zu verbessern, dass sie industriell nutzbar sind – zum Beispiel in der Papierherstellung und der Klebstoffindustrie. Jetzt soll nachgelegt werden: In Norddeutschland betroffen sind neben dem emsländischen Werpeloh wieder die Versuchsfelder in Sanitz, Kreis Bad Doberan und in Lohmen bei Güstrow. Geplant ist, die Kraut- und Knollenfäule in den Griff zu bekommen.
Dafür sollen handelsüblichen Knollen Gene einer mexikanischen Wildkartoffel zugeführt werden. Diese fault nicht, ist jedoch zu klein für den Kochtopf. „Wirtschaftlich könnten wir damit große Erfolge erzielen“, so BASF-Sprecherin Anja Klatt. Sollten die Versuche gelingen, hätte das Unternehmen die erste fäulnisresistente Speisekartoffel entwickelt.
Eine genmanipulierte Kartoffel, die dampfend auf den Tisch kommt – davor graut es nicht nur Alexander Hissting von der Greenpeace-Zentrale in Hamburg. „Der Einsatz von Gentechnik bei Lebensmitteln ist unverantwortlich“, kommentiert der Agraringenieur das Vorhaben. Verändere man die Natur einer Pflanze, sei nie sicher welche Auswirkungen es hat, wenn diese dann in Wechselwirkung mit ihrer Umwelt tritt, so Hissting.
Auch in Werpeloh ist man aufgebracht über die Pläne des Konzerns. Der Naturschutzbund Emsland (Nabu) war schon im vergangenen Jahr zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Biologische Landwirtschaft gegen die Freifeldversuche mit Stärkekartoffeln in Werpeloh vorgegangen: Gemeinsam veranstalteten sie Info-Nachmittage und Podiumsdiskussionen in den benachbarten Städten. „Das Interesse der Bevölkerung, diese Versuche zu verhindern, ist groß“, sagt Jutta Over, Sprecherin des Nabu Emsland. Besonders empört über die Pläne ist man, da BASF den Emsländern zugesichert hatte, es werde bis 2010 keine Freiland-Experimente mit Speisekartoffeln in Werpeloh geben. Ein Versprechen, das nicht lange währte. „Wir Bürger sind hinter das Licht geführt worden“, beklagt Over das Vorgehen von BASF.
Die Emsländer wollen beim Bundesamt Einspruch erheben, obwohl sie schon schlechte Erfahrung gemacht haben. Insgesamt gingen im vergangenen Jahr 4.063 Einwände aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern beim Bundesamt ein. Thematisiert wurde unter anderem, dass die Freisetzung genetischer Pflanzen das Recht auf Leben bedrohe und dass genetisch veränderte Organismen aus ethischen Gründen nicht zu vertreten seien.
Diese Argumente wurden vom Bundesamt jedoch mit Verweis auf das Gentechnik-Gesetz abgeschmettert. Dessen Zweck ist es, Mensch und Umwelt „vor schädlichen Auswirkungen gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen“ und zwar seit 2004 auch „unter Berücksichtigung ethischer Werte“. Nur dürfen diese – rätselhafte Fußangel des Gesetzgebers – bei der konkreten Abwägung, ob ein Versuch genehmigt werden soll oder nicht, keine Rolle spielen.