SABINE AM ORDE ÜBER DIE NEUE ZUSAMMENSETZUNG DER ISLAMKONFERENZ : Vor den Mühen der Ebene
Innenminister Thomas de Maizière richtet die Islamkonferenz neu aus – und er besetzt die Runde neu. Das macht Sinn – nicht zuletzt für de Maizière selbst, der damit einem der Vorzeigeprojekte seines Vorgängers seinen eigenen Stempel aufdrückt.
Bislang stand die Symbolik im Vordergrund – und der Schlagabtausch: Islamkritikerinnen und konservative Muslime saßen sich in der Islamkonferenz feindselig gegenüber – und nutzten sie als Forum, um sich zu profilieren. Ein gemeinsames Ziel einte sie nicht. Doch wenn es künftig konkreter um Themen wie den islamischen Religionsunterricht und den Kampf gegen den Islamismus gehen soll, ist genau das gefragt. Deshalb werden in der Runde jetzt mehr Leute mit Praxiserfahrung vertreten sein.
Trotzdem darf man von der Islamkonferenz keine allzu konkreten, umsetzbaren Schritte erwarten. Denn viele umstrittene Fragen werden nicht auf Bundesebene, sondern in den Ländern oder Kommunen entschieden. Offen bleibt auch, wer die Teilnehmer legitimiert. Allein die Verbände können für sich beanspruchen, zumindest einen Teil der Muslime zu vertreten – und zwar den eher konservativen. Die anderen Teilnehmer werden vom Ministerium ausgewählt. Ein von allen Muslimen hierzulande gewähltes und akzeptiertes Gremium ist nicht in Sicht. Und die Idee, es könnte aus der Islamkonferenz hervorgehen, dürfte als gescheitert gelten.
Grundsätzlich sollte auch die Islamkonferenz überflüssig werden. Denn ein Sondergremium, in dem über den Islam diskutiert wird, ist langfristig kontraproduktiv. Um die Muslime hierzulande als Teil der Gesellschaft zu begreifen, gilt es, die Aufteilung in ein „Ihr“ und „Wir“ zu überwinden. Genau mit diesem Gegensatz aber arbeitet auch die Islamkonferenz. Sie kann deshalb nur ein Anfang sein. Wichtiger sind vielmehr das schlichte Interesse aneinander und die Auseinandersetzung vor Ort: in der Kommune, dem Stadtteil, der Nachbarschaft.
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