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Archiv-Artikel

Vorbei mit vogelfrei

Tierschützer warnen vor Hysterie aus Angst vor der Vogelgrippe und befürchten Hatz auf Wildvögel. Landesregierung will beruhigen: „NRW ist besser auf die Vogelgrippe vorbereitet als Rügen“

AUS DÜSSELDORF GESA SCHÖLGENS

Der Landestierschutzverband NRW warnt vor hysterischen Reaktionen auf die Vogelgrippe. Am Niederrhein hätten bereits einige Geflügelhalter ihre Tiere einfach ausgesetzt und sogar Hühner bei Tierheimen über den Zaun geworfen. „Das sind Reaktionen, die nicht angemessen sind“, sagt Vizepräsident Hans-Jürgen Holler. Die Tierschützer befürchten auch, dass etwa Hobbyjäger zunehmend Jagd auf Wildvögel machen könnten. „Der Tierschutz muss bei allen Aktionen gewährleistet bleiben“, fordert Holler.

Am Wochenende haben zahlreiche BürgerInnen tote Vögel bei den Kreisverwaltungen gemeldet. Allein der Kreis Viersen erhielt über hundert Anrufe. Bei den staatlichen Veterinärämtern Krefeld und Arnsberg wurden fast hundert Tiere eingeschickt und untersucht, hauptsächlich Wasser- und Greifvögel, die besonders als Virus-Träger in Frage kommen. Noch wurde kein Tier positiv getestet. „Bis zu einem Befund können aber einige Tage vergehen“, sagt Franz Holling, Leiter des Veterinäramtes Arnsberg. Grund sei vor allem die aufwändige Untersuchung. „Es wäre gut, wenn wir etwas üppiger mit Personal ausgestattet wären“, so Holling.

Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) forderte gestern dazu auf, nur noch tote Singvögel oder Tauben zu melden, wenn eine Vielzahl der Tiere gefunden werde. „Alle frei laufenden Wildvögel sollen möglichst eingesperrt werden“, so der Minister. Die Lage sei zwar sehr ernst, „als Durchgangsland trägt NRW ein besonderes Risiko.“ Dennoch sei das Land besser vorbereitet als Rügen. Auf der Insel habe man die Gefahr nicht rechtzeitig erkannt und die toten Tiere tagelang liegen lassen. „Wir haben ein gut funktionierendes Tierseuchenmanagement aufgestellt“, sagte der Minister. Im Ernstfall werde zunächst mit Sperrgebieten eine Ausbreitung des Erregers verhindert und das Geflügel im Umkreis von einem Kilometer getötet. Auch seien ausreichend Schutzanzüge, Fachpersonal, Labor- und Tötungskapazitäten vorhanden. Wenn Bestände getötet werden müssen, entschädigt die Tierseuchenkasse die betroffenen Landwirte. Rund um den Seuchenherd wird der Handel verboten.

Bislang habe die drohende Tierseuche noch keine wirtschaftlichen Folgen, teilte der Geflügelwirtschaftsverband Rheinland mit. Derzeit sind in NRW knapp 21.000 Betriebe und 13,5 Millionen Stück Geflügel von der bundesweiten Stallpflicht betroffen, die mindestens zwei Monate dauern soll. Die Aufstallung bereitet vor allem den Biobauern Probleme, die normalerweise alles Geflügel frei laufen lassen. „Konventionelle Landwirte kritisieren, dass wir unsere Erzeugnisse trotzdem noch als Bio-Produkte verkaufen dürfen“, sagt Thomas Dosch vom Bioland-Bundesverband. Die Tiere hätten aber im Stall Tageslicht, mehr Platz als in konventioneller Haltung und bekämen Öko-Futter.