: Bremen braucht Carlofts
VERKEHR Parkplätze gibt es immer zu wenig, vor allem im Viertel. Dort werden Falschparker, die die Rettungssicherheit gefährden, bestraft. Gelöst ist das Problem damit noch nicht
StVO, § 12 (3) 1.
VON EIKEN BRUHN
Konsequent abgeschleppt werden sollen in Zukunft Falschparker im Viertel – sofern sie die Zufahrt für Rettungsfahrzeuge blockieren. Dass im Viertel Parkplätze fehlen – auf einen Platz kommen 1,4 Autos – und AnwohnerInnen ihr Auto deshalb regelmäßig auch in Kreuzungsbereichen abstellen, sei zwar nichts Neues, sagt Fritz Arndt, der im Ortsamt Mitte/Östliche Vorstadt verantwortlich für Verkehrsfragen ist.„Das war immer schon so, dass viele sich keine Gedanken darüber machen, welchen Wendekreis etwa ein Feuerwehrfahrzeug hat.“
Was anderswo jedoch unproblematisch ist, könne im Viertel mit seinen engen Straßenzügen zu Katastrophen führen, so Arndt. Er erinnert an einen Vorfall im November, der der Anlass war für das jetzt verschärfte Ahnden von Parksünden. Vor vier Monaten konnte die Feuerwehr nicht zu einem brennenden Haus in der Sachsenstraße vordringen, zwei Kinder deshalb erst verspätet gerettet werden.
Der Beirat Östliche Vorstadt steht hinter den Maßnahmen – zu denen auch das Aufstellen von Warn-Schildern gehört – die in Abstimmung zwischen Innen-, Verkehrssenator und Ortsamt erarbeitet worden. Morgen Abend sollen sie im Stadtteilparlament vorgestellt werden. Aber keine Angst, beruhigt das parteilose Beiratsmitglied Daniel de Olano, nicht jeder Falschparker müsse jetzt einen Bußgeldbescheid fürchten. „Es geht nur um die, die die Sicherheit gefährden.“
Toleriert würde weiterhin, wenn Bürgersteige zugeparkt werden. „Das Grundproblem bleibt ja bestehen, dass es zu wenig Parkplätze gibt – beziehungsweise zu viele Autos.“
Doch auch das lässt sich lösen. Wir hätten da ein paar Ideen:
Autos raus
Urlaub in Venedig oder auf Spiekeroog ist nicht zuletzt deshalb besonders schön, weil es dort keine Autos gibt. Jetzt stelle man sich das Viertel oder gleich ganz Bremen ohne die Stinker vor: Ein ästhetischer Genuss für Auge und Ohr. Rollstühle und Kinderwagen kommen ungehindert über die Bürgersteige und werden nicht von parkenden Autos zu Umwegen und Umkehren gezwungen.
Die Gefahr, tödlich im Straßenverkehr zu verunglücken, sinkt auf null. Angenehmer Nebeneffekt: Man tut ein wenig fürs Klima. Klar, eine gänzlich autofreie Stadt ist derzeit nicht durchzusetzen. Dazu glauben zu viele, sie kämen ohne eigenen Wagen nicht klar. Ein erster Schritt wäre aber eine Verkehrsberuhigung wie im Freiburger Stadtteil Vauban: Dort gilt auf der Hauptstraße Tempo 30 und ansonsten Schrittgeschwindigkeit. Abstellen kann man die Blechkiste auch nicht überall, sondern nur am Rand des Viertels in Garagen.
Parkplätze bezahlen
Überhaupt das Parken. „In Deutschland gibt es die Einstellung, dass jeder ein Recht darauf hat, sein Auto im öffentlichen Raum abzustellen“, sagt die Stadtplanerin Jutta Deffner, die in Frankfurt am Sozial-Ökologischen Institut über Mobilitätsverhalten forscht.
Tatsächlich ist dies nicht überall selbstverständlich: In der Schweiz müsse man für das Parken grundsätzlich zahlen, sagt Deffner. Allerdings dämpft sie die Hoffnung, dies würde dazu führen, dass dadurch mehr Menschen auf andere Verkehrsmittel umsteigen: „Die Straßen sind dort genau so zugeparkt.“
Carlofts
Es geht ja nicht nur um das Recht, überall zu parken, sondern möglichst exakt vor der eigenen Haustür. Sonst wäre die Begründung, der nächste Car-Sharing-Stellplatz sei zu weit weg, hinüber. Also kurvt man stundenlang um den Block und freut sich, wenn an der Ecke gegenüber noch was frei ist.
„Das Parken ist unzulässig vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen bis zu je fünf Metern von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten“, heißt es zwar in der Straßenverkehrsordnung. Aber das muss einen nicht mehr lange kümmern, denn wozu gibt es Carlofts?
„Stellen Sie sich vor, Ihr New- oder Oldtimer parkt sicher auf Ihrer Etage“, wirbt ein Berliner Bauunternehmer, der sich, laut Die Zeit, in Kreuzberg allerdings noch unbeliebt macht mit seinen Luxusimmobilien. Ab 450.000 Euro verkauft er Wohnungen mit Blick auf das fahrbare Statussymbol, das per Fahrstuhl direkt auf die Etage transportiert wird.