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Archiv-Artikel

Ab ins Flugzeug

In Bremen versucht Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren, so genannte „Abschiebehindernisse“ zu beseitigen. Ein Dorn im Auge des Innensenators sind dabei vor allem die Atteste des Bremer Gesundheitsamts. Bereits im September 2003 rügte Röwekamp den Sozialpsychiatrischen Dienst der Behörde, weil er Flüchtlingen „posttraumatische Belastungsstörungen“ bescheinigt hatte. Im Januar 2004 schaltete der Innensenator einen pensionierten Psychiater ein, der am Gesundheitsamt vorbei die Reisefähigkeit eines Flüchtlings aus Togo feststellte. Der Coup scheiterte vor dem Verwaltungsgericht. Im November 2005 kündigte der Senator an, Bremer Flüchtlinge künftig vom „Ärztlichen Dienst“ der Hamburger Ausländerbehörde begutachten zu lassen.

Bereits 1999 von der alten rot-grünen Koalition ins Leben gerufen, ist der „Ärztliche Dienst“ in Hamburg für seine rigorosen Gutachten bekannt. Er vollstreckt damit die Politik von Innensenator Udo Nagel (parteilos), der auf eine „konsequente Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer“ setzt. Hamburg war das erste Bundesland, das im April 2005 Flüchtlinge nach Afghanistan zurückschickte. Zuletzt machte im Januar der Fall eines Ehepaars Schlagzeilen, das trotz eines gegenteiligen Beschlusses des Hamburger Oberverwaltungsgerichts nach Kabul ausgeflogen wurde.

Die Abschiebepraxis in Schleswig-Holstein galt bisher eher als liberal. In den letzten Monaten wurden allerdings Fälle bekannt, die dieses Bild in Frage stellen. So wurde im Juli 2005 ein Kurde aus dem Bett einer psychiatrischen Klinik geholt und in ein Flugzeug nach Istanbul gesetzt – er war in einem türkischen Gefängnis gefoltert worden. Angeordnet hatte diese Aktion die zuständige Kreisbehörde. Innenminister Ralunter bestimmten Voraussetzungenf Stegner (SPD) hat sich mittlerweile von diesem Vorgehen distanziert und die Kreise angewiesen, solche Fälle künftig zu melden. Ein „robusteres Vorgehen“ sei nicht gewollt, so der Minister. TAZ