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Archiv-Artikel

Mit Kompetenz und Charme

EHRUNG Manche nennen sie Frauenrechtlerin, andere Streberin. Der Berliner Frauenpreis geht an die Managerin Anke Domscheit

„Mein Traum ist, dass sich beide Geschlechter wirklich gleichberechtigt Familien- und Erwerbsarbeit teilen“

VON SIMONE SCHMOLLACK

„Mein Traum ist, dass sich beide Geschlechter wirklich gleichberechtigt Familien- und Erwerbsarbeit teilen und niemand dafür Nachteile hinnehmen muss.“ Solche Sätze sagt Anke Domscheit gern. Und solche Sätze sagen alles über die Frau, die bessere Arbeits- und Karrierechancen von Frauen zu ihrem Thema gemacht hat: mehr Frauen in Führungspositionen, Quoten für Aufsichtsräte, ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft. Für ihr Engagement bekam die 42-jährige Managerin bei Microsoft Deutschland am Montagabend den Berliner Frauenpreis.

Seit Jahren kämpfe Anke Domscheit „öffentlich und offensiv für Chancengleichheit“, heißt es in der Begründung zum Preis, den die Senatsfrauenverwaltung seit 1988 jährlich an Frauen für ihr „Engagement in herausragender Weise für die Emanzipation der Geschlechter“ verleiht. Bisher bekamen ihn unter anderen die Rechtsanwältin Seyran Ateș und die Frauenforscherin Karin Hausen.

Wie kaum eine andere verkörpert Anke Domscheit „ihr“ Thema höchstselbst. Die 42-jährige Ostdeutsche und Mutter eines neunjährigen Sohnes legte nach der Wende eine steile Karriere hin. Zeitweise musste sie als Alleinerziehende jonglieren zwischen Job und Familie. „Aber ich hätte nie meinen Job eingeschränkt, nur weil ich Mutter bin“, sagt sie.

Geboren in einem kleinen Dorf in Brandenburg, macht sie das Abi mit 1,0. Sie studiert Textilgestaltung, aber nach dem Mauerfall gibt es keine Jobs. Anke Domscheit geht nach Frankfurt am Main und jobbt bei einem Reiseveranstalter. Sie studiert noch zweimal, an der International Business School in Bad Homburg und in Newcastle. 1996 schließt sie ihr Studium ab. Damals ist sie an der Privatuni die einzige Ost-Studierende.

Domscheit, die fünf Sprachen spricht, steigt in die freie Wirtschaft ein, elf Jahre arbeitet sie als Unternehmensberaterin, von 2006 bis 2008 bei McKinsey. Monate lang bearbeitet sie die Unternehmensführung, dann ist sie so weit, eine erste Untersuchung über weibliche Führungskräfte in Europa zu erstellen. Die Studie „A Wake Up Call for Female Leadership in Europe“, die Anke Domscheit mitschreibt, war der Auftakt zu weiteren solcher Studien.

Was ist ihr Erfolgsrezept? Die Streberin nervt, sagen manche. Domscheit selbst sagt es anders: „Ich erreiche meine Ziele durch eine Mischung aus Kompetenz, Charme und Penetranz.“ Kein Argument ohne genaue Zahlen.

Das wirkt: Mittlerweile hat sie über 500 Managerinnen und Personalvorstände gecoacht, von Coca-Cola über den Springer Verlag bis hin zur Commerzbank. Domscheits Botschaft: „Wenn Unternehmen das Potenzial von Frauen nutzen, erzielen sie bessere Ergebnisse.“

Auf ihrem Weg nach oben erfuhr sie viel Unterstützung, sagt sie. Aber auch Widerstand. Einmal wurde ihr geraten, das Wort „Frauen“ eine Zeit lang mal nicht zu benutzen. Solche „Tipps“ ignoriert Anke Domscheit schlicht.