Nichts mit Dolce Vita: Italien bekommt schlechte Noten

KRISE Kaum scheint sich das Land gefangen zu haben, stuft die Ratingagentur S&P es herab

FRANKFURT/M. rtr/dpa | Für Italien war der Mittwoch kein guter Tag: Nachdem die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) am Vorabend die Kreditwürdigkeit des Landes herabgestuft hatte, ließen die Anleger lieber ihre Finger von italienischen Aktien und Staatsanleihen. Um mit einjährigen Bonds bis Juli 2014 neue Schulden aufnehmen zu können, musste das Finanzministerium so viel Zinsen zahlen wie seit März nicht mehr. Auch die Risikoaufschläge für zehnjährige Bonds zogen an, die Börse in Mailand fiel zeitweise um 1,4 Prozent.

Die Experten von S&P bewerten die Staatsanleihen der drittgrößten Volkswirtschaft in der Eurozone nun mit BBB, eine Stufe niedriger als zuvor und nur noch zwei Stufen über dem sogenannten Ramsch-Status, der riskante Anleihen bezeichnet. Außerdem setzte die Agentur den Ausblick auf „negativ“, sodass weitere Herabstufungen wahrscheinlicher werden.

Letta kurbelt doch schon

Die Ratingagentur begründete ihren Schritt zum einen mit der anhaltenden Wirtschaftsschwäche des Landes, zum anderen ironischerweise mit den höheren Zinsen, die Italien nun zahlen muss, um frisches Geld aufzunehmen. Italien befindet sich in der längsten Rezessionsphase seit Ende des Zweiten Weltkriegs, die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordniveau. Die Experten gehen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 1,9 Prozent schrumpft, bei ihrer letzten Schätzung waren sie von einem Minus von 1,4 Prozent ausgegangen. Allerdings bereitet Ministerpräsident Enrico Letta derzeit bereits eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Der Herabstufungstermin war besonders unglücklich, weil am Mittwoch auch die Zahlen vom Mai öffentlich wurden – und danach haben die italienischen Unternehmen erstmals seit Januar wieder mehr produziert. Im Juni waren die Wachstumseinbußen so gering wie seit September 2011 nicht mehr.

Aus dem Finanzministerium verlautete, die Herabstufung von S&P sei nicht nachvollziehbar, weil die jüngst beschlossenen Maßnahmen nicht berücksichtigt worden seien. Die italienische Zentralbank hatte der Regierung in Rom Anfang Juli Fortschritte bei der Verringerung ihres Haushaltsdefizits bescheinigt. Ziel der Regierung ist es, das Defizit in diesem Jahr auf 2,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verringern. 2012 hatte es bei 3,0 Prozent gelegen, was der Defizitgrenze der EU entspricht.

Die liberale Turiner La Stampa kommentierte, der unerwartete Pessimismus in dem Urteil der Agentur sollte Italien aber nicht sehr schaden, alle großen Ratingagenturen hätten sich durch Fehlurteile in den vergangenen Jahren selbst diskreditiert.